Wer heute einen Job sucht, findet häufig keine feste und gut bezahlte Arbeitsstelle, sondern nur eine prekäre Beschäftigung. Prekär bedeutet, man wird schlecht entlohnt, hat wenig berufliche Perspektiven und kaum Arbeitnehmerschutz. Das hat die Corona-Pandemie deutlich gezeigt: Der Rückgang bei atypischer Beschäftigung fiel mehr als dreimal so hoch aus (-5,2 Prozent) wie bei Normalarbeitsverhältnissen (-1,6 Prozent).
7 Millionen Beschäftigte arbeiteten 2020 in Deutschland in einem atypischen Arbeitsverhältnis, das ist etwa jeder fünfte Beschäftigte. Bei Beschäftigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist es knapp jeder Dritte. Sie arbeiten befristetet, in Teilzeit bis 20 Stunden in der Woche, als geringfügig Beschäftigte oder in Leiharbeit.
Kein Wunder, dass Deutschland mit den größten Niedriglohnsektor in Europa hat. Gleichzeitig fallen nur noch 43 Prozent der Beschäftigten unter den Schutz von Tarifverträgen und nur in acht Prozent der Betriebe, die die gesetzliche Voraussetzung für die Gründung eines Betriebsrates erfüllen, gibt es auch einen.
Dass es immer mehr prekäre Arbeit gibt, hat seine Ursache in den Deregulierungs-Orgien der Regierungen Schröder und Merkel. Prekäre Arbeit ist fester Bestandteil einer arbeitsmarktpolitischen Strategie, die das Prinzip „jede Arbeit ist besser als keine“ in den Mittelpunkt stellt. Arbeit um jeden Preis - ohne Rücksicht auf die Folgen für die Beschäftigten und die Gesellschaft. Die Folgen sind jedoch verheerend. Die Löhne sinken, Armut trotz Arbeit und Unsicherheit sind weit verbreitet. Auch die Sozialversicherungen leiden unter prekärer Beschäftigung, da sie ihre Einnahmen schmälert.
DIE LINKE setzt sich für gute Arbeit ein: Prekäre Beschäftigung muss abgebaut und Existenz sichernde Arbeit aufgebaut werden. Wer arbeitet, muss davon leben und sicher in die Zukunft blicken können sowie arbeitsrechtlich abgesichert sein. Außerdem ist es wichtig, dass die Beschäftigten mitbestimmen können und ihre Arbeit sie nicht krank macht.
Folgende Schritte sind notwendig:
- Der Mindestlohn ist auf 13 Euro pro Stunde zu erhöhen - ohne Ausnahmen.
- Die Gewerkschaften müssen gestärkt werden. Es braucht eine höhere Tarifbindung, denn gute Arbeit braucht den Schutz von Tarifverträgen.
- Das unbefristete Arbeitsverhältnis muss wieder zur Regel werden, indem die sachgrundlose Befristung verboten, Sachgründe reduziert und Kettenbefristungen verhindert werden.
- In der Leiharbeit muss sofort das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ zuzüglich einer Flexibilitätsvergütung ab dem ersten Einsatztag gelten. Langfristig muss Leiharbeit verboten werden.
- Minijobs sind in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zu überführen.
- Die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit muss in einem ersten Schritt von 48 Stunden pro Woche auf 40 Stunden reduziert werden. Der Mindesturlaubsanspruch im Bundesurlaubsgesetz ist schrittweise von 24 auf 30 Werktage anzuheben. Die Arbeitszeit muss sich mehr an den Wünschen der Beschäftigten und weniger an den Ansprüchen der Unternehmen ausrichten.
- Psychische Belastungen müssen verringert und die Arbeit alternsgerecht gestaltet werden. In diesem Sinne muss der Arbeits- und Gesundheitsschutz konsequenter umgesetzt, die Kontrollen erhöht und eine Anti-Stress-Verordnung verabschiedet werden.
- Die betriebliche Mitbestimmung muss ausgeweitet werden, um den Herausforderungen von Klimawandel, Digitalisierung, Globalisierung und Deregulierung gerecht zu werden.
- Hartz IV muss durch eine sanktionsfreie soziale Mindestsicherung ersetzt werden. Gleichzeitig müssen die Zumutbarkeitskriterien in der Arbeitslosenversicherung geändert werden – Leiharbeit und Minijobs gelten nicht mehr als zumutbar und die Qualifikation muss ebenso wie die vorherige Lohnhöhe besser berücksichtigt werden.
Kleine Anfrage: Entwicklung der atypischen Beschäftigung vor und während der Corona-Krise