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Nachrichtendienste in Deutschland

Themenpapiere der Fraktion

Nachrichtendienste oder Geheimdienste sind Organisationen, zu deren vorrangigem Aufgabengebiet die Gewinnung von Informationen zählt. Hinzu treten Befähigungen zu politischen, nachrichtendienstlichen oder militärischen Aktivitäten, die heimlich in Form verdeckter Operationen ausgeführt werden und je nach nationalstaatlicher Rechtsordnung mit unterschiedlichem Wirkungsgrad durchgeführt werden können. Der Begriff Nachrichtendienst wird in Deutschland gelegentlich genutzt, um ihn vor einer gewissen Anrüchigkeit, wie sie im Begriff des Geheimdienstes hervorzutreten scheint, abzugrenzen.

Doch umfasst auch der Begriff Nachrichtendienst eine unbestreitbare Ambivalenz, da im Bereich der Presse ebenfalls von Nachrichtendiensten die Rede ist und die Informationsbeschaffung von Presseagenturen nicht mit der Beschaffung von Geheiminformationen durch Nachrichtendienste gleichgesetzt werden kann. In der angelsächsischen Welt werden beide Begriffe weitgehend synonym gebraucht. Exemplarisch kommt dies in der Bezeichnung des britischen Auslandsnachrichtendienst Secret Intelligence Service (deutsch: Geheimer Nachrichtendienst) zum Ausdruck. Ähnlich verfährt die zeitgeschichtliche Forschung.

In Deutschland existieren mit dem Bundesnachrichtendienst (BND), dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) drei Nachrichten- oder Geheimdienste des Bundes. Hinzu kommen die Verfassungsschutzbehörden der Länder. Je nach Aufgabengebiet und Betätigungsfeld sammeln diese Dienste Informationen auf Basis offen zugänglicher Quellen, mittels Postkontrolle (Brief- und Telegrammverkehr), durch den Einsatz technischer Mittel der Kommunikationsüberwachung (Telefonie, E-Mail, Social Media etc.), verdeckte Ermittler:innen und V-Personen oder auf sonstigen operativen Wegen. Rechtsgrundlage dazu bilden entsprechende Spezialgesetze wie das BND-Gesetz, das Bundesverfassungsschutzgesetz und das MAD-Gesetz.

Nachrichtendienstliche Überwachungsmaßnahmen sind mit tiefen Eingriffen in Grund- und Bürgerrechte verbunden, da sie, darin im Unterschied zu Strafverfolgungsbehörden, zumeist anlasslos und massenhaft erfolgen. Zudem lässt sich die Arbeit der Geheimdienste nur schwer kontrollieren. Schuld daran ist zum einen eine stark fragmentierte Kontrolle. Insgesamt sind sieben Organe in unterschiedlichem Maße in Kontrolltätigkeiten über die deutschen Geheimdienste auf Bundesebene eingebunden: das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) mit Zuständigkeit für die Kontrolle der allgemeinen Tätigkeit der Geheimdienste des Bundes; der Ständige Bevollmächtigte, eigentlich ein Hilfsorgan zur Unterstützung des PKGr, tatsächlich aber ein weitgehend verselbständigter Apparat; die G10-Kommission mit Zuständigkeit für die Prüfung der Inland-Ausland-Telekommunikationsüberwachung; der Unabhängige Kontrollrat mit Zuständigkeit für die Prüfung der Ausland-Ausland-Telekommunikationsüberwachung; das Vertrauensgremium des Bundestags mit Zuständigkeit für die Bewilligung der Haushalte der Geheimdienste; der Bundesrechnungshof mit Zuständigkeit für die Prüfung der Haushaltsführung der Geheimdienste; sowie der Bundesdatenschutzbeauftragte mit Zuständigkeit im Bereich der Datenschutzkontrolle.

Zum anderen werden den Kontrollgremien manche Themen und Vorkommnisse schlicht nicht vorgelegt. Ursächlich dafür sind oftmals unzureichende Kontrollrechte selbst. Zu letzteren zählt beispielsweise auch das Fehlen einer wirksamen datenbasierten Aufsicht. Die bestehenden Kontrollstrukturen halten mit der forcierten Entwicklung immer neuer Überwachungstechnologien nicht Schritt. Neben rechtlichen Befugnissen fehlt es an entsprechend leistungsfähigen Werkzeugen und technischem Fachwissen, um moderne Methoden der Datenanalyse, der Datenfilterung, der Mustererkennung und des Datenaustausches zu verstehen und gezielt kontrollieren zu können.

DIE LINKE betrachtet Geheimdienste als einen Fremdkörper in der Demokratie. In ihrem Parteiprogramm fordert sie, alle Nachrichtendienste langfristig abzuschaffen. Solange für diese Forderung keine parlamentarische Mehrheit existiert, ist es geboten, die Kontrolle der Geheimdienste nachhaltig zu verbessern und möglichst effektiv zu gestalten.

Siehe auch:

Bundesnachrichtendienst (BND)
Militärischer Abschirmdienst (MAD)
G10-Gesetz
NSA-Überwachungsskandal
Verfassungsschutz


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