Kindergärten und Schulen, Feuerwehr und Rettungsdienst, Stadtbüchereien und Schwimmhallen, Straßen und Radwege, Busse und Straßenbahnen: Kommunale Dienstleistungen entscheiden wesentlich darüber, ob sich Menschen vor Ort wohlfühlen, ob sie ihren Lebensalltag problemlos bestreiten können und ob sie ihre Freizeit unbeschwert verbringen können. Wichtige Entscheidungen dazu werden vor Ort getroffen: in den Landkreisen, den Städten und Gemeinden. Vor allem ehrenamtliche Kommunalpolitiker:innen tragen hier die Verantwortung. Der Gestaltungsspielraum bei der Selbstverwaltung ist dabei sehr unterschiedlich und hängt vor allem von der Finanzausstattung (siehe dazu auch Kommunalfinanzen) der jeweiligen Kommune ab. Die Fraktion DIE LINKE fordert eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung im föderalen System von Bund, Ländern und Kommunen, damit über die Angelegenheiten „vor Ort“ möglichst auch dort entschieden werden kann, wo sie umgesetzt werden sollen. Ehrenamtliche Kommunalpolitiker:innen vor Ort wissen meist am besten, wo der Schuh drückt.
Das Grundgesetz garantiert Landkreisen, Städten und Gemeinden, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“ (Grundgesetz Art 28 Abs. 2). Die Realität sieht aber oft anders aus. Es fehlt nicht nur eine angemessene Finanzausstattung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Daseinsvorsorge und der sogenannten Freiwilligen Aufgaben, es werden trotz Aufgabenübertragungsverbot der Föderalismusreform von 2005, auch immer mehr Aufgaben von Bund und/oder Ländern auf die Kommunen übertragen bzw. bis dato übertragene Aufgaben bleiben unausgeglichen. Außerdem sind viele kommunale Aufgabenfelder inzwischen durch Gesetze und Verordnungen sowie teilweise bis ins Detail gehende staatliche Standards „fremdbestimmt“. Örtliche Gegebenheiten finden kaum Berücksichtigung. Anhörungen von Vertreter:innen von Kommunen finden, wenn überhaupt, nur zur Güte statt. Kommunale Selbstverwaltung im Sinne des Grundgesetzes wird damit ad absurdum geführt.
Kommunaler Gestaltungsspielraum wird auch durch Privatisierungen von öffentlicher Daseinsvorsorge abgegeben. Der Einfluss auf Ticketpreise oder Taktung, zum Beispiel bei kommunalen Busunternehmen, oder bei der Investition von Gewinnen, zum Beispiel beim örtlichen Energieunternehmen, oder auf die tarifliche Bezahlung in kommunalen Unternehmen wird durch Privatisierungen geringer. Daher setzt sich die Fraktion DIE LINKE gegen die Privatisierung von öffentlicher Daseinsvorsorge und gegen ÖPP-Projekte ein. Privatisierungen verringern den Einfluss und die Steuerungsmöglichkeiten für Kommunalpolitiker:innen auf die örtlichen Gegebenheiten. Die Fraktion DIE LINKE setzt sich daher für Rekommunalisierungen von öffentlicher Daseinsvorsorge ein (siehe Anträge Bundestagsdrucksachen 19/10755 und 19/17519). Elementare Daseinsvorsorge wie Gesundheitsdienste, Wohnen, Bildung, Kultur, Energie, Wasser, ÖPNV, Fernverkehr und Abfallentsorgung gehören nach Meinung der Fraktion DIE LINKE in öffentliche Hand.
Nach wie vor müssen Kommunen bei kommunalrelevanten Vorhaben des Bundesgesetzgebers nicht angehört werden. Es gibt keine verbindliche Beteiligung der Kommunen bei der Abschätzung der Folgen und Kosten von Gesetzen sowie an europarechtlichen Abstimmungsverfahren zwischen Bund und Ländern. Die Fraktion DIE LINKE will daher erreichen, dass die kommunale Selbstverwaltung im föderalen System von Bund, Ländern und Kommunen einen höheren Stellenwert bekommt. Um den Kommunen die Möglichkeit zu geben, sich gegen eine weitere Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung effektiv zur Wehr zu setzen, fordert die Fraktion DIE LINKE unter anderem die Einführung eines verbindlichen Mitspracherechts der Kommunen bei der Gesetzgebung des Bundes.
Die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen ist nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE zu sichern und zu verbessern. Landkreise, Städte und Gemeinden brauchen Stabilität und finanzielle Planungssicherheit, um all ihre Aufgaben selbstverwaltet wahrnehmen und gestalten zu können. Kommunale Unternehmen sowie deren Gründungen sollen seitens des Bundes gefördert werden, vornehmlich Organisationsformen des öffentlichen Rechts (Regiebetriebe, Eigenbetriebe, Anstalten öffentlichen Rechts). Vorhandene Einschränkungen müssen abgebaut, interkommunale Zusammenarbeit zum Vorbild gemacht und im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge eine Präferenz zugunsten der öffentlichen Hand erreicht werden. Soziale und ökologische Kriterien sollen für kommunale Unternehmen selbstverständlich werden. Diese Maßnahmen fördern nicht nur die Selbstverwaltung, sondern auch regionale Wirtschaftskreisläufe und schaffen Arbeitsplätze vor Ort.
Kommunalpolitiker:innen sind in der Regel ehrenamtlich tätig. Ihre Tätigkeit geht oft über die Mindestanforderungen hinaus: Sitzungen bis spät in die Nacht, lange Anfahrtswege, unkonventionelle Ideen bei knappen Kassen, persönlicher Einsatz in Vereinen, der Feuerwehr und bei Dorffesten sowie Sprecherfunktionen in Bürgerinitiativen und Interessensgemeinschaften. Viele Kommunalpolitiker:innen haben eine langjährige Verwurzelung in den Kommunen, kennen ihre Orte wie ihre Westentasche und haben niemals frei, da sie bei jeder Gelegenheit Ansprechpartner:innen für die Bürger:innen sind. Die Ausgaben fürs Ehrenamt sind fast immer höher als die Aufwandsentschädigungen: Druckkosten, Benzinkosten, Technik, Sachspenden, Mitgliedsbeiträge u.v.m. kommt da zusammen. Die Fraktion DIE LINKE setzt sich daher dafür ein, dass Aufwandsentschädigungen nicht auf Leistungen des SGB II und des BAföG angerechnet werden. Die Förderung von Ehrenamt muss gewährleistet werden und darf nicht aufgrund der Anrechnung von Aufwandsentschädigungen gefährdet werden. Nur so können wir das hohe Gut der Partizipation der Bürger:innen langfristig sichern.
Im Übrigen möchte die Fraktion DIE LINKE, dass Senior:innenräte, Jugendparlamente und Ausländerbeiräte ein Vorschlags- und Rederecht zu den sie betreffenden Belangen in den kommunalen Vertretungen bekommen. Senior:innenräte dürfen unserer Meinung nach nicht nach politischem Proporz, sondern nur nach Engagement sowie durch die Senior:innen vor Ort, besetzt und lediglich durch die kommunale Vertretung bestätigt werden.
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