Der laufende Abbaubetrieb in den Braunkohleregionen sichert derzeit noch Arbeit und Einkommen für tausende Menschen. Er produziert jedoch permanent neue Langzeitfolgen für Anwohner und Umwelt. Vor allem aber erfordern die langfristigen Klimaschutzziele der Bundesregierung - nimmt man sie ernst - ein Auslaufen der deutschen Kohleverstromung bis spätestens 2030. Damit ist zügig zu beginnen.
Genau dies passiert aber nicht. Mit Koalitionsmehrheit wurde am 3. Juli 2020 das Kohleausstiegsgesetz beschlossen. Die Bundesregierung kündigt damit den so genannten Kohlekompromiss der Regierungskommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (KWSB, nachfolgend „Kohlekommission“) zu Gunsten der Kohleindustrie.
Bereits die Empfehlungen der Kohlekommission, die ohne Beteiligung der parlamentarischen Opposition erarbeitet wurden, sind zur Einhaltung des völkerrechtlich verbindlichen Pariser Abkommens durch die Bundesrepublik Deutschland unzureichend. Die Abschaltungen der Kohleverstromung erfolgen im Hinblick auf das verbleibende Treibhausgasbudget Deutschlands deutlich zu spät. Entschädigungen an Betreiber werden teilweise unbegründet sowie auf fraglichen Grundlagen gezahlt und verlängern ein fossiles Geschäftsmodell, das wegen des Fortschritts der Erneuerbaren Energien zunehmend nicht mehr wirtschaftlich möglich ist.
Mit dem Gesetz ignoriert die Bundesregierung die Forderungen der Mehrheit der Bevölkerung und der Klimaschutzbewegung nach einem Mehr an Klimaschutz, das zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen wissenschaftlich belegt zwingend notwendig ist. Des Weiteren werden ohne Not neben dem Gesetzesentwurf öffentlich-rechtliche Verträge mit den Kohlekonzernen geschlossen, die spätere Korrekturen am Ausstiegspfad erschweren und auf Kosten von Steuerzahlenden und öffentlichen Haushalten verteuern werden. Dies stellt nichts anderes dar als eine Entmachtung des Parlaments.
Die Bundestagsfraktion DIE LINKE hat mehrfach Kernforderungen zu einem schnelleren Kohleausstieg und dessen arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Absicherung erarbeitet. Unsere Kritik am Kohleausstiegsgesetz hat die Fraktion in einem Entschließungsantrag [PDF] formuliert. Wie schon zuvor im Antrag „Klimagerechtigkeit global stärken – Energiewende und Kohleausstieg in Deutschland sozial gestalten“ [PDF] gefordert, soll der letzte Kohlemeiler demnach spätestens im Jahr 2030 vom Netz, die ältesten 20 Blöcke unverzüglich. Der Neuaufschluss von Tagebauen soll genauso untersagt werden wie der Neubau von Kohlekraftwerken.
Wir brauchen einen solchen ordnungsrechtlichen Ausstieg unter anderem auch deshalb, weil der EU-Emissionshandel als Lenkungsinstrument lange versagt hat und auch jetzt unsicher ist, wie er in der Zukunft wirken wird.
Der schrittweise Ausstieg aus der Braunkohleverstromung ist arbeitsmarkt-, wirtschafts- und sozialpolitisch zu begleiten, wobei insbesondere Interessenvertreter*innen der Beschäftigten vor Ort und der Region wirksam einzubinden sind. Durch eine vertragliche Regelung zwischen den Betreibern der Braunkohletagebaue und -kraftwerke sowie der Bundesregierung sollen betriebsbedingte Kündigungen verhindert werden.
Finanziell ist dieser Prozess durch einen „Strukturwandelfonds Kohleausstieg“ des Bundes abzusichern (so wie es die Kohlekommission ebenfalls empfohlen hat und am 3. Juli 2020 mit Annahme des Strukturstärkungsgesetzes auch umgesetzt wurde).
Ferner soll die Bundesregierung dafür sorgen, dass die Betreiber der Braunkohletagebaue und -kraftwerke ihren Verpflichtungen aus dem Bergrecht nachkommen zur Wiedernutzbarmachung der Tagebaue sowie zur Übernahme ihrer finanziellen Verpflichtungen für Bergbaufolgeschäden.
Weitere Informationen finden Sie im Aktionsplan Klimagerechtigkeit [PDF] der Fraktion sowie im Dossier Klimagerechtigkeit.
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