Die vier Gesetzespakete „für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ von 2002 und 2003 (Hartz I bis IV) bildeten ein zentrales Element der Agenda 2010 von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Als neue Leitidee wurde ausgegeben: „Eigenaktivität auslösen – Sicherheit einlösen“. Demnach sollen die einzelnen Menschen ausgleichen, was in der Arbeitsförderung und in der Arbeitsmarktpolitik schief läuft. Im Ergebnis sind Millionen Menschen verarmt und Armut trotz Arbeit greift um sich.
Mit den ersten Gesetzen in Hartz I und II wurden insbesondere Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik angepasst und neu geschaffen (u. a. Ein-Euro-Jobs), die Regelungen für Zeit- und Leiharbeit massiv aufgeweicht und die Beschäftigung im Niedrigeinkommensbereich neu geregelt (Mini- und Midijobs).
Danach umfasste Hartz III vor allem den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitsamt) in die Bundesagentur für Arbeit.
Mit Hartz IV wurde schließlich die Arbeitslosenhilfe als Versicherungsleistung abgeschafft und stattdessen das Arbeitslosengeld II (ALG II/Hartz IV) auf dem Niveau der Sozialhilfe mit massiven Sanktionsmöglichkeiten eingeführt. Seitdem ist keine Sozialversicherung, sondern eine Form der Sozialhilfe die langfristige Absicherung bei Arbeitslosigkeit. Leistungen gibt es erst nach einer Bedürftigkeitsprüfung. Etliche Personen, die vor Hartz IV noch einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hatten, weil sie vorher gearbeitet hatten, bekommen seit 2005 keine Unterstützung mehr, weil ihre Partnerin oder ihr Partner Einkommen hat oder weil sie selbst noch über ein begrenztes Vermögen verfügen.
Die viel zu niedrigen Regelsätze bei Hartz IV bedeuten Armut per Gesetz. Die frühere Arbeitslosenhilfe berechnete sich anders, nämlich anhand des vorherigen Lohns. Damit lag sie meist oberhalb des Existenzminimums. Gleichzeitig wurde der Zugang zum Arbeitslosengeld – als Versicherungsleistung – erschwert und dessen Bezugsdauer verkürzt, sodass viele Arbeitslose diese Versicherungsleistung nicht bekommen. Insgesamt führte Hartz IV für rund 60 Prozent der früheren Arbeitslosenhilfe-Beziehenden zu Einkommensverlusten. Außerdem wurde die berufliche Weiterbildung massiv zurückgefahren. Akzeptable Formen der öffentlich geförderten Beschäftigung wurden zwischenzeitlich fast abgeschafft; Arbeitslose wurden in billige und perspektivlose Ein-Euro-Jobs abgeschoben. Damit bildeten die Hartz-Gesetze einen Abbau in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Lange wurde an dieser Logik unverändert festgehalten.
Aber in den letzten Jahren setzt sich eine Kritik durch. Auch auf Druck der LINKEN wird immerhin teilweise eine andere Richtung eingeschlagen. Dazu gehört der erhöhte gesetzliche Mindestlohn, die Beschäftigungsförderung in der „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ und das neue Bürgergeld, das den Vermittlungsvorrang stark begrenzt und ein Weiterbildungsgeld einführt. Auch wenn damit nur ein Bruchteil der Beschäftigten und der Arbeitslosen erreicht wird – ohne den anhaltenden Druck von der LINKEN und anderen hätte es diese Verbesserungen nicht gegeben. LINKS wirkt. Gleichzeitig hat die Ampel-Koalition Mini- und Midijobs ausgeweitet und damit den Schutz der Sozialversicherungen weiter geschwächt.
Nichts verändert hat das Bürgergeld aber an den viel zu niedrigen Regelsätzen. Es gibt nur einen Inflationsausgleich, keine tatsächliche Erhöhung. Auch das Missverhältnis, dass die Arbeitslosenversicherung zu selten greift, bleibt bestehen.
Die Fraktion DIE LINKE will nicht nur an einzelnen Stellen ein bißchen umsteuern, sondern die Logik der Hartz-Gesetze konsequent brechen und gute Arbeit fördern. Erste Schritte einer grundlegend anderen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sind:
• Um Armut trotz Arbeit zu verringern, ist der gesetzliche Mindestlohn auf 13 Euro pro Stunde anzuheben. Alle Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn sind aufzuheben.
• Um Leiharbeit einzuschränken, muss ab dem ersten Einsatztag ohne Ausnahme das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gelten. Langfristig ist Leiharbeit zu verbieten.
• Die Subventionierung von Minijobs wird abgeschafft. Minijobs müssen in sozialversicherungspflichte Beschäftigung umgewandelt werden.
• Die Arbeitsförderung muss prekäre Beschäftigung aktiv bekämpfen und gezielt auf nachhaltige Arbeitsförderung und Vermittlung in gute Arbeit ausgerichtet werden. Dafür brauchen Erwerbslose und auch Beschäftigte mehr und bessere Weiterbildung. Das Weiterbildungsgeld muss 90 Prozent des vorherigen Nettoarbeitsentgelts bzw. mindestens 200 Euro pro Monat betragen.
• Der Schutz durch die Arbeitslosenversicherung muss wieder gestärkt werden: Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld muss schneller entstehen (ab vier Monaten), bessere Leistungen garantieren (68 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts) und länger gelten. Außerdem soll ein Arbeitslosengeld Plus eingeführt werden, das sich an das Arbeitslosengeld anschließt und 58 Prozent des Nettoentgelts beträgt. Es soll genauso lange wie das vorherige Arbeitslosengeld gelten, bei 30-jähriger Versicherungszeit unbefristet.
• Die Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV/Bürgergeld) ist durch eine Sanktionsfreie Mindestsicherung zu ersetzen, die für Erwachsene ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen gilt. Sie soll bei 1.200 Euro netto liegen (inklusive Wohnkosten, bei Bedarf mit ergänzendem Wohngeld).
• Als Sofortmaßnahme muss der Regelsatz für Erwachsene um mindestens 200 Euro pro Monat angehoben werden. Die Kosten für Strom und große Haushaltsgeräte müssen ergänzend übernommen werden. Sanktionen müssen umgehend komplett abgeschafft werden.
Antrag: "Regelsätze spürbar erhöhen – 200 Euro mehr gegen Inflation und Armut" von 2022.
Antrag: "Würde und Teilhabe ernst nehmen – Sanktionsfreie Mindestsicherung statt Bürgergeld" von 2021.
Antrag: "Arbeitslosenversicherung stärken – Arbeitslosengeld Plus einführen" von 2019.
Antrag: "Arbeitslosenversicherung stärken – Arbeitslosengeld verbessern" von 2019.