Millionen Menschen in Deutschland sind auf Sozialleistungen außerhalb der Sozialversicherungen angewiesen. Diese Leistungen sind zu niedrig; und sie stopfen nur unzureichend die wachsenden Löcher in den Sozialversicherungen.
Zu den Leistungen der Grundsicherung gehören die Grundsicherung für Arbeitsuchende („Bürgergeld“ bzw. Hartz IV, geregelt im Sozialgesetzbuch 2), die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und die Hilfe zum Lebensunterhalt (beides geregelt im Sozialgesetzbuch 12) sowie die Asylbewerberleistungen.
Diese Leistungen gehen auf die Sozialhilfe zurück und bilden das letzte Auffangnetz für Menschen, die ihr Existenzminimum nicht mit anderem Einkommen oder Vermögen decken können – also für Menschen, die als bedürftig gelten. Die Sozialhilfe wurde eingeführt als Sicherheitsnetz für außergewöhnliche Notlagen, die nicht in einer Sozialversicherung abgesichert werden können.
Im Unterschied dazu ist die Grundsicherung heute ein Massenphänomen: Rund 6,6 Millionen Menschen beziehen diese Leistungen (Stand: Jahresende 2021). Das sind 8 Prozent der Bevölkerung. Dabei ist die Grundsicherung für Arbeitsuchende mit rund 5 Millionen Leistungsberechtigten zahlenmäßig das wichtigste System. Sie wurde mit dem Bürgergeld nur leicht reformiert. Daneben erhielten ca. 1 Million Personen die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, ca. 100.000 Personen die Hilfe zum Lebensunterhalt und knapp 400.000 Personen Asylbewerberleistungen. Insbesondere Rentner:innen sind zunehmend von Altersarmut betroffen und auf Grundsicherung angewiesen. Aber auch kleine Selbstständige sind unzureichend von Sozialversicherungen geschützt, wie sich gerade in der Corona-Pandemie zeigte.
Die hohe Zahl an Menschen, die diese bedürftigkeitsgeprüften Leistungen beziehen, ist Ausdruck der strukturellen „Verhartzung“ der Sozialpolitik: Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Rentenversicherung wurden unter den rot-grünen Bundesregierungen von 1998 bis 2005 abgebaut und durch Grundsicherungs-Leistungen mit Bedürftigkeitsprüfung ersetzt. Der Schutz durch Sozialversicherungen wurde geschwächt. Damit wurde auch die finanzielle Beteiligung der Arbeitgeber zurückgefahren, denn bei den Sozialversicherungen zahlt auch der Arbeitgeber einen Anteil. Die Grundsicherungsleistungen sind dagegen komplett steuerfinanziert. Das Missverhältnis zwischen Sozialversicherungen und Grundsicherungsleistungen hat sich seitdem nicht gebessert.
Außerdem liegen die Regelsätze in der Grundsicherung viel zu niedrig, weil sie seit Jahren kleingerechnet werden und z. B. keine gesunde Ernährung ermöglichen. Daran hat sich auch durchs Bürgergeld nichts geändert, denn die zahlenmäßige Erhöhung zum 01. Januar 2023 gleicht nur den Preisanstieg aus. Die Leistungen der Grundsicherung bedeuten damit unverändert Armut und Ausgrenzung per Gesetz. Ohne Rechentricks müsste der Regelsatz um mindestens 200 Euro pro Monat angehoben werden. Auch die Leistungen für Wohnraum und Heizung sind gerade in angespannten Mietmärkten oft viel zu niedrig. Die Summe aus Regelsätzen und Leistungen fürs Wohnen liegt deutlich unterhalb der Armutsgrenze. Diese „Armutslücke“ liegt über 300 Euro – auch das neue Bürgergeld ist Armut und Ausgrenzung per Gesetz.
DIE LINKE fordert einen Politikwechsel zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Das bedeutet eine Stärkung der Sozialversicherungen, mehr und gute Arbeit und soziale Garantien für ein Leben ohne Armut und Ausgrenzung.
Für die Grundsicherung fordert DIE LINKE:
- Als Sofortmaßnahme müssen die Regelsätze um mindestens 200 Euro (für Kinder: mindestens 100 Euro) erhöht und Sanktionen komplett ausgeschlossen werden.
- Danach ist die Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV/Bürgergeld) grundlegend zu überwinden durch eine Sanktionsfreie Mindestsicherung von 1.200 Euro (inklusive Miete und sonstige Wohnkosten, in Ballungsräumen zuzüglich Wohngeld. Einen Anspruch auf die Sanktionsfreie Mindestsicherung soll haben, wer als Erwachsener unterhalb des Rentenalters über kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt. Dabei soll selbstgenutztes Wohneigentum in ortsüblichem, durchschnittlichem Umfang, Vermögen bis zu 60.000 Euro und angemessenes Altersvorsorgevermögen nicht angerechnet werden.
- Für Personen im Rentenalter ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen soll eine Solidarische Mindestrente in Höhe von 1.200 Euro eingeführt werden.
- Das Asylbewerberleistungsgesetz ist abzuschaffen; die betreffenden Personen müssen in den regulären Grundsicherungssystemen abgesichert werden.
- Für Kinder und Jugendliche soll es eine Kindergrundsicherung geben. Dabei wird das Kindergeld auf 328 Euro im Monat erhöht. Kinder aus armen Familien erhalten zusätzlich einen Zuschlag, sodass Kinder bis 5 Jahre bis zu 520 Euro erhalten, 6- bis 13-jährige Kinder bis zu 603 Euro und Jugendliche ab 14 Jahren 630 Euro. Darin sind Wohn- und Heizkosten bis 149 Euro monatlich pauschal berücksichtigt.
Außerdem muss der Schutz durch die Arbeitslosenversicherung und die Rentenversicherung verbessert werden. Konkret fordert DIE LINKE:
- Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld muss schneller (ab vier Monaten) entstehen, bessere Leistungen garantieren (68 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts) und länger gelten. Außerdem soll ein Arbeitslosengeld Plus eingeführt werden, dass sich an das Arbeitslosengeld anschließt und 58 Prozent des Nettoentgelts beträgt. Das Arbeitslosengeld Plus soll genauso lange bezogen werden wie das vorherige Arbeitslosengeld; bei 30-jähriger Versicherungszeit soll es unbefristet gelten.
- Das Rentenniveau muss wieder auf mindestens 53 % angehoben werden.
- Zeiten mit niedrigen Löhnen müssen bei der Rente durch einen Zuschlag zumindest teilweise ausgeglichen werden. Dafür muss die Rente nach Mindestentgeltpunkten verbessert werden.
Antrag: "Regelsätze spürbar erhöhen – 200 Euro mehr gegen Inflation und Armut" von 2022.
Antrag: "Würde und Teilhabe ernst nehmen – Sanktionsfreie Mindestsicherung statt Bürgergeld" von 2021.
Antrag: "Kinderarmut überwinden, Kindergrundsicherung einführen" von 2020.
Antrag: "Arbeitslosenversicherung stärken – Arbeitslosengeld Plus einführen" von 2019.
Antrag: "Solidarische Mindestrente einführen – Altersarmut wirksam bekämpfen und das Rentenniveau anheben" von 2019.