Weltweit werden Frauen schlechter bezahlt als Männer. Deutschland gehört mit seiner Lohnlücke von 18 Prozent bei den Brutto-Stundenlöhnen zu den Schlusslichtern Europas. Das bedeutet: Von jedem Euro, den ein Mann verdient, bekommt eine Frau nur 82 Cent. Die Forderung nach fairer Bezahlung ist etwa so alt wie die nach dem Frauenwahlrecht. Während letzteres in Deutschland seit 100 Jahren durchgesetzt ist, besteht das Recht auf gleiche Entlohnung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit nach wie vor nur auf dem Papier.
Die geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung hat verschiedene Ursachen, die sie erklären, aber nicht rechtfertigen oder „bereinigen“ können, wie es von konservativer Seite gern behauptet wird. So wählen Frauen nicht die „falschen“ Berufe, sondern Tätigkeiten werden schlechter entlohnt, wenn sie mehrheitlich von Frauen geleistet werden. Auch sind es noch immer Frauen, die für den Löwenanteil der gesellschaftlich notwendigen, gleichzeitig aber unbezahlten Pflege-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit Verantwortung übernehmen, weil es an ausreichenden und bedarfsdeckenden Angeboten der Kindertagesbetreuung oder der professionellen Pflege fehlt. Denn die wenigsten Paare, die sich eigentlich eine gleiche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit wünschen, schaffen es, die traditionelle Arbeitsteilung der Geschlechter hinter sich zu lassen. Die Familienpolitik der 1950er hält unter anderem mit dem Ehegattensplitting nach wie vor viele Frauen von einer wirtschaftlichen Unabhängigkeit ab – ebenso wie die sozialrechtliche Förderung von Minijobs als einem der Grundpfeiler des weiblichen geprägten Niedriglohnsektors.
Und selbst, wenn all diese in unserer Gesellschaftsordnung verankerten strukturellen Gründe ausgeblendet sind, bleibt noch eine unmittelbare Diskriminierung, das heißt, Frauen werden allein aufgrund ihres Geschlechts geringer entlohnt. Sie werden bei gleicher Tätigkeit in niedrigere Lohn- und Gehaltsgruppen eingeordnet und sie werden bei Beförderungen und Sonderzulagen benachteiligt. Anwesenheitskultur und überkommene Vorstellungen über Führungskräfte erschweren den beruflichen Aufstieg von Frauen zusätzlich. Den geringen Frauenanteil an Führungspositionen in der Privatwirtschaft kann wegen ihres minimalen Anwendungsbereichs auch die gesetzliche Frauenquote kaum erhöhen.
Diese Faktoren summieren sich, so dass am Ende eines Erwerbsarbeitslebens die Frauen niedrigere Renten als Männer erreichen und als Rentnerinnen oft arm sind. Aus der Entgeltlücke von 18 Prozent wird eine Rentenlücke von fast 60 Prozent.
Das Entgelttransparenzgesetz, das 2017 in Kraft trat, ist so wirkungslos, dass es seinen Namen nicht verdient. Weder schafft es mit seiner schwachen Ausgestaltung die versprochene Transparenz, noch trägt es zu diskriminierungsfreien Entgeltstrukturen bei.
Für die uralte Forderung „Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ hat Die LINKE. ein gleichstellungspolitisches Gesamtpaket zur Erreichung geschlechtsspezifischer Entgeltgleichheit erarbeitet. Wir wollen:
- die gesellschaftliche und finanzielle Aufwertung der „SAHGE-Berufe“, also Soziale Arbeit, Haushaltsnahe Dienstleistungen, Gesundheit, Pflege und Erziehung
- die Aufwertung von Niedriglohnzeiten, Kindererziehung und Pflege sowie eine solidarische Mindestrente, damit Frauen im Alter genug zum Leben haben.
- einen gesetzlich verbindlichen und flächendeckenden armutsfesten Mindestlohn von 13 Euro
- die Überführung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Arbeit
- ein Verbandsklagerecht gegen Diskriminierung, das die Rechtsdurchsetzung nicht den einzelnen Frauen überlässt, indem sie ihre Arbeitgeber verklagen müssen, dies könnte ggf. durch eine Prozessstandschaft, also eine Gewerkschaft oder andere berufsbezogene Institutionen, erfolgen
- die regelmäßige Durchführung strukturierter Lohnvergleichsverfahren wie eg-check, um zu gewährleisten, dass die betrieblich praktizierten Kriterien und Verfahren der Entgeltzahlung geschlechtsneutral sind
- die explizite Verankerung des Grundsatzes der gleichen Bezahlung bei gleicher und gleichwertiger Arbeit im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
- ein Entgeltgleichheitsgesetz, welches die letzten drei Forderungen integriert und greift, wenn Frauen am gleichen Arbeitsplatz in eine niedrigere Lohn- bzw. Gehaltsgruppe eingestuft werden („gleiche Arbeit“). Auch die Analyse bestehender Tarifverträge und die Entwicklung diskriminierungsfreier Eingruppierungsregelungen („gleichwertige Arbeit“) etwa mit Hilfe des Comparable Worth Index sollen hier verankert werden.
- eine echte Frauenquote für Führungspositionen in der Privatwirtschaft von mindestens 50 Prozent (im Gegensatz zur 2021 eingeführten 30 Prozentquote, die allein für die Aufsichtsräte der größten deutschen Unternehmen gilt)