Datenschutzgesetze wie wir sie heute kennen stammen aus den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Sie werden der rasanten technischen Entwicklung im Bereich der Kommunikationsmedien, der Datenerfassung- und Datenverarbeitung in allen gesellschaftlichen Bereichen inzwischen nicht mehr gerecht. Über Aufgaben und Ziele des Datenschutzes wird heftig gestritten. Datenschutz sei „Täterschutz“ hieß es lange im Bereich der Polizei- und Sicherheitspolitik. Bürokratisch, teuer und überflüssig wurde im privaten Bereich gesagt.
Zu den wichtigsten rechtlichen Grundlagen des Datenschutzes zählt das „Volkszählungsurteil“ des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1983. Darin wurde das Recht auf informationelle Selbstbestimmung definiert:
„Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu unterscheiden. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine dies ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß…“
Bürgerinnen und Bürger müssen wissen (können), wer Daten von ihnen hat, was damit gemacht wird und welchen Zwecken sie dienen. Nur dann können sie selbstbestimmt handeln - das wiederum ist Grundvoraussetzung einer demokratischen Gesellschaft.
Heute, nach einer langen Reihe von Datenschutzskandalen - von Lidl bis Telekom, von Meldedatenverkauf bis gefälschte Internetgeschäfte - wird deutlich, dass Datenschutz eine enorme gesellschaftspolitische Aufgabe ist und das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ unverzichtbares Grundrecht darstellt. Technische und gesellschaftliche Entwicklungen haben dazu geführt, dass Datenschutzgesetze und die Datenschützer im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich ihre Aufgaben nicht mehr optimal erfüllen können. Sie hinken den Entwicklungen ständig hinterher. Umfassende, präventive Datenerfassung und Datenverarbeitung sind im polizeilichen Bereich so selbstverständlich Alltagsarbeit wie im nicht-öffentlichen. Kaum noch jemand kann tatsächlich „wissen (…), wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß“.
Die Fraktion DIE LINKE will das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in allen gesellschaftlichen Bereichen verwirklichen, auch für Arbeitnehmer und für SozialleistungsbezieherInnen (z.B. ALGII/HartzIV). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darf nicht kommerziellen und wirtschaftlichen oder sicherheitspolitischen Interessen unterworfen werden. Internetgeschäfte funktionieren auch, wenn Verbraucherdaten geschützt werden, Sicherheit wird hergestellt, wenn Bürgerinnen und Bürger selbstbestimmt handeln können. Bisherige Großprojekte wie Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und eMail-Verkehr oder elektronische Gesundheitskarte, biometrische Ausweise und Gendatenprojekte müssen „auf Eis“ gelegt werden, bis datenschutzrechtliche Probleme optimal gelöst sind. „Modernisierung des Datenschutzes“ heißt für die Fraktion DIE LINKE vor allem Datensparsamkeit und Verwendung von Daten nur zu dem Zweck, der den Verbraucherinnen und Verbrauchern bekannt gemacht wurde, dem sie zustimmen, den sie aber auch ohne Sanktionen ablehnen konnten. Zur Voraussetzung eines wirksamen Datenschutzes zählt die personelle, finanzielle und rechtliche Stärkung unabhängiger Datenschutzeinrichtungen.
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