Medizin und Biotechnologie haben Ergebnisse hervorgebracht, die vor Jahren noch undenkbar schienen. Mit ihnen lassen sich Krankheiten besser erkennen und manchmal auch heilen. Häufig werfen sie aber ethische Fragen über die Zukunft des menschlichen Zusammenlebens auf.
So kann man mit Hilfe von Gentests bei familiär vorbelasteten Menschen feststellen, wie hoch ihr Risiko für eine schwere Krankheit ist. Damit steigt die Chance für Früherkennung und Therapie. Gleichzeitig ist es ungewiss, ob und wann die Erkrankung ausbricht, was psychische Belastungen zur Folge hat. Auch zeigen Versicherungen und Arbeitgeber Interesse an diesen höchstpersönlichen Daten. Diskriminierung in „Gesunde“ und „Nichtgesunde“ droht.
Ethisch umstritten sind auch bestimmte Voruntersuchungen bei Schwangeren: Einerseits kann man im immer früheren Stadium der Schwangerschaft die Entwicklung des Kindes kontrollieren und behandeln. Andererseits könnten sich bei Vorhersage einer Behinderung noch mehr Eltern gegen ein solches Kind entscheiden und die Akzeptanz für behinderte Menschen zurückgehen.
Gesetzlich entschieden ist seit Juli 2011 die kontrovers diskutierte Frage, ob Paare bei künstlicher Befruchtung die Eizellen nach bestimmten genetischen Merkmalen auswählen dürfen. Die sogenannte Präimplantationsdiagnostik ist nunmehr auf Fälle eingeschränkt zulässig, in denen Paare eine diagnostizierte monogenetische schwerwiegende Erkrankung oder Behinderung vererben würden oder in denen die Frau mehrere Tot- oder Frühgeburten zu erleiden hatte. Über die Zulässigkeit entscheiden interdisziplinäre Ethikkommissionen anhand weiterer Kriterien wie etwa die soziale und psychische Situation der Paare.
Bei bioethischen Fragestellungen müssen widerstreitende Grundwerte sorgfältig gegeneinander abgewogen werden: Einerseits ist die Forschungsfreiheit grundgesetzlich garantiert und Menschen wünschen sich Gesundheit. Andererseits gibt es die staatliche Pflicht zum Schutz des Lebens, das Recht auf Nichtwissen, und Menschen wollen, dass ihre jeweilige körperliche Verfasstheit anerkannt wird. Wie in anderen Parteien, gibt es auch in der LINKEN zu bioethischen Themen unterschiedliche Positionen. Gemeinsam steht die Fraktion DIE LINKE jedoch für die Freiheit der Forschung in gesellschaftlicher Verantwortung, für die allgemeine Verfügbarkeit ihrer Grundlagenergebnisse sowie für den Schutz sensibler personenbezogenen Daten vor fremden Interessen.
Von bioethischen Entscheidungen sind alle betroffen, sie bestimmen unser Menschenbild und Verständnis vom gesellschaftlichen Zusammenhalt. Deshalb unterstützen wir eine intensive Beratung der Politik durch Fachleute und die Einrichtung des Deutschen Ethikrates. Wir treten gleichzeitig für eine breite öffentliche Debatte ein, damit Entscheidungen nicht Fachzirkeln überlassen und von wirtschaftlichen und anderen Nützlichkeitserwägungen geleitet werden.
Die Fraktion DIE LINKE hat erfolgreich für ein Gendiagnostikgesetz gestritten, das die Qualität von Gentests und eine Beratung mit den Betroffenen absichert. Wir fordern darüber hinaus, dass niemand gezwungen werden darf, Gentests zu Arbeitsschutzzwecken zu machen oder bereits bekannte Testergebnisse gegenüber Versicherungen anzugeben.
DIE LINKE spricht sich für die Förderung adulter Stammzellforschung als ethisch unbedenkliche Alternative zur embryonalen Stammzellforschung. Letztere wird von gut einer Hälfte der LINKEN im Bundestag unterstützt, soweit ethisch unumstrittene Methoden der Stammzellgewinnung noch nicht etabliert sind.
Die Fraktion DIE LINKE setzt sich für Selbstbestimmung am Lebensende ein. Deshalb haben auch wir eine gesetzliche Verankerung der Patientenverfügung befürwortet. Der Patientenwille muss unabhängig von Art und Verlauf der Erkrankung umfassend gültig sein.
Beim Gesetzgebungsprozess zur Präimplantationsdiagnostik hat die Mehrheit der LINKE-Abgeordneten für die verabschiedete eingeschränkte Zulässigkeit plädiert. Eine relevante Anzahl von Abgeordneten setzte sich für ein Verbot der PID ein.
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