Arzneimittel helfen vielen Menschen, Krankheiten effektiv zu bekämpfen. Sie gehören gleichzeitig zu den größten Kostentreibern im Gesundheitssystem. Die gesetzlichen Krankenkassen geben inzwischen pro Jahr etwa 50 Milliarden Euro dafür aus. Darum fordert DIE LINKE eine Arzneimittelforschung und -produktion, die sich an den Bedarfen der Menschen und nicht am Gewinnstreben der Pharmaindustrie orientiert.
Preise explodieren
DIE LINKE fordert, dass sich die Preise neuer Arzneimittel kurzfristig sowohl am Nutzen für die Patientinnen und Patienten als auch am Forschungsaufwand der Industrie für die Entwicklung orientieren. Denn insbesondere für neue und patentgeschützte Arzneimittel explodieren die Preise weiter, und keines der bisherigen Gesetze hat die Macht der Pharmaindustrie brechen können. Die letzte große Arzneimittelreform von 2010 (AMNOG) blieb auf halbem Wege stehen und ist sogar nachträglich noch entschärft worden. Die Einsparungen fallen erheblich niedriger aus als angenommen.
Die Appelle der Staaten an die Industrie, nicht nur die Interessen der Aktionäre, sondern auch der Allgemeinheit zu bedienen, sind ein peinlicher und wirkungsloser Offenbarungseid. Arzneimittel, die sich nicht rentieren, werden nicht beforscht oder vom Markt zurückgezogen, selbst wenn sie für die Versorgung der Patient:innen wichtig sind, während bei profitversprechenden Anwendungsgebieten viele Arzneimittel ohne therapeutischen Mehrwert auf den Markt gebracht werden. Bei echten Innovationen werden dagegen oft Fantasiepreise aufgerufen.
Das Konzept, mit gesetzlichen Regelungen sowie über Runde Tische mit den Pharmakonzernen eine bedarfsgerechte Arzneimittelentwicklung und faire Preise für neue Arzneimittel zu erwirken, ist gescheitert. In der Corona-Pandemie haben wir die Freigabe der Impfstoffpatente gefordert, doch die Bundesregierung und die große Koalition haben nicht einmal in dieser globalen Ausnahmesituation an der kommerziellen Verwertung gerüttelt.
Arzneimittelforschung in öffentlichem Interesse
Dabei ist die Entwicklung von innovativen Arzneimitteln von großem öffentlichem Interesse. Zudem wird sie ohnehin ganz überwiegend gemeinschaftlich finanziert: Die Grundlagenforschung ist größtenteils durch Steuergelder bezahlt, die kommerzielle Forschung bezahlen die Versichertengemeinschaften über die Arzneimittelpreise mit ihren Beiträgen. Trotzdem haben Staat und Gesellschaft kaum Einfluss darauf, welche Arzneimittel entwickelt werden, welche Patente angemeldet werden, welche Qualität und Transparenz die Forschung hat oder welche Zulassungen beantragt werden.
Die Fraktion DIE LINKE will das öffentliche Interesse bei der Arzneimittelpolitik in den Mittelpunkt zu stellen. Es muss international mehr öffentliches Engagement in der Forschung geben, damit neue Arzneimittel bedarfsgerecht entwickelt werden und das Solidarsystem nicht durch überhöhte Preise überfordert wird. Wir wollen mittelfristig Patentrechte in öffentlicher Hand und faire Lizenzvergaben für die globale Herstellung. Dafür braucht es nationale und internationale Forschungsfonds, die mindestens bei vernachlässigten Forschungsgebieten (Antibiotika, armuts-assoziierten Erkrankungen etc.) in Eigenregie neue Arzneimittel entwickeln und die Rechte daran halten.
Letzte Bundesregierungen versagen bei Preispolitik
In der Arzneimittelversorgung gibt es ein extrem kleinteiliges Nebeneinander aus gesetzlichen, kollektivvertraglichen und selektivvertraglichen Rabattsystemen. Patientinnen und Patienten werden dadurch häufig gezwungen, Präparatewechsel in Kauf zu nehmen. Das führt vielfach zu Verunsicherung, Einnahmefehlern und entsprechenden Folgeschäden. Die Gefahr von Gesundheitsschäden kann durch keinen Rabatt für die Kassen aufgewogen werden. Im Gegenteil: Fehlversorgung führt zu neuen Behandlungskosten.
Diese Rabattverträge zwischen Hersteller und Krankenkasse sind nicht nur ungesund, sie sind auch intransparent und sehr bürokratisch in der Umsetzung. Sie führen daher nur oberflächlich betrachtet zu Einsparungen und werden durch die Fraktion DIE LINKE abgelehnt. Stattdessen wollen wir die Festbetragssysteme für Hilfsmittel und Arzneimittel so weiterentwickeln, dass eine wirtschaftliche Versorgung durch eine ausreichende Zahl von Anbietern gewährleistet und ein Zwangsumtausch oder monopolisierte Versorgung vermieden wird.
Zuzahlungen auf Arzneimittel gehören abgeschafft
Die Fraktion DIE LINKE fordert, Zuzahlungen auf Arzneimittel und andere GKV-Leistungen abzuschaffen. Durch festgelegte Höchstpreise in der Kassenversorgung wollen wir auch Aufzahlungen verhindern. Eine Positivliste mit Arzneimitteln mit gutem Patientennutzen soll sicherstellen, dass die Ärzt:innen nur Präparate verordnen, die nach dem aktuellen Stand des Wissens sinnvoll sind. Hier müssen auch Präparate aufgenommen werden, die nicht rezeptpflichtig sind, und von der Krankenkasse bezahlt werden.
Der Einfluss der Pharmaindustrie ist auf allen Ebenen zurückzudrängen. Arzneimittelwerbung vermittelt ein einseitiges Bild und verschweigt die Risiken, die mit Arzneimitteln einhergehen. Wir fordern ein weitgehendes Werbeverbot für Arzneimittel. Ärztinnen und Ärzte dürfen von der Industrie nicht für das Verordnen bestimmter Arzneimittel belohnt werden. Ein öffentliches Studienregister soll das vorhandene Wissen allen zugutekommen lassen.
Lieferengpässe konsequent bekämpfen
Die dramatischen Versorgungsengpässe nicht zuletzt bei Krebsmedikamenten, Antibiotika und Fiebersäften für Kinder müssen konsequent bekämpft werden. Über zehn Jahre lang hat die Bundesregierung Warnungen der LINKEN heruntergespielt und dieses immense Problem abgetan. Wir fordern, dass Pharmaunternehmen verpflichtet werden, eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung der in Verkehr gebrachten Arzneimittel sicherzustellen. So gibt es immer noch keine generellen Meldepflichten bei drohenden Lieferengpässen und keine Verpflichtung für eine längere Vorratshaltung für die Hersteller. Aber nur so kann es eine konsequente Kontrolle geben, welche Arzneimittel wie, wo, in welchen Mengen und zu welchem Preis hergestellt und ob essentielle Arzneimittel tatsächlich in ausreichendem Maße bevorratetet werden.
Wenn Arzneimittelhersteller Medikamente, die für die Versorgung essentiell sind, aus Profitgründen vom Markt nehmen, müssen auch schärfere Maßnahmen wie etwa Zwangslizensierung erwogen werden.
Für Verstöße gegen solche Auflagen bräuchte es zudem Sanktionen und Bußgelder, was von der Industrie und der Bundesregierung abgelehnt wird. Einer strategischen Verknappung und dem Preispoker durch die Pharmaindustrie muss ein Riegel vorgeschoben werden. Die Globalisierung bedeutet für die Arzneimittelproduktion nicht nur fragile Lieferketten und Abhängigkeit von zum Teil nur noch wenigen Lieferanten weltweit, sondern häufig auch eine eklatante Missachtung von Umwelt- und Sozialstandards in den Herstellerländern in Asien. Dies kann nicht länger toleriert werden, nur um bei den Generika, also den patentfreien Nachahmer-Medikamenten, den Preis weiter zu drücken.