Zum Hauptinhalt springen

Wohnungsbau nach Wiener Vorbild

Von Caren Lay, erschienen in Clara, Ausgabe 47,

Die österreichische Hauptstadt fördert 420000 Wohnungen der Gemeinde und der Genossenschaften. Die Wohnkostenbelastung für die Mieter beträgt, gemessen am Einkommen, 21 Prozent. In München sind es 36 Prozent. Gerade beschloss Wien, dass bei Neubauten zwei Drittel der Wohnfläche dem geförderten Wohnungsbau vorbehalten bleiben und Nettohöchstmieten von 5 Euro pro Quadratmeter garantiert werden. Die Stadt beging nicht den schweren Fehler wie die Bundesrepublik, die Millionen öffentlicher Wohnungen privatisierte. Für die Förderung wendet Österreichs Hauptstadt mit ihren etwa 1,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern jährlich rund 600 Millionen Euro auf. Das zahlt sich aus.

Zum Vergleich: Die Bundesrepublik investiert für das gesamte Land insgesamt nur 1,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau. Die Große Koalition unterstützt lieber privates Wohnungseigentum. Sie setzt ihren Kurs mit erneuten Steuergeschenken für die Immobilienwirtschaft (Sonder-AfA) und mit der neuen Eigenheimzulage (Baukindergeld) fort. Die beschlossene Sonder-AfA – also bedingungsloser Neubau ohne soziale Bindung und die Förderung von Wohneigentum, bei der Besserverdienende ausdrücklich eingeschlossen sind, wird weitere Mietsteigerungen nicht verhindern und den Wohnungsmangel nicht verringern.

Die Fraktion DIE LINKE entwickelt ein öffentliches Wohnungsbauprogramm nach Wiener Vorbild. Das Konzept sieht eine jährliche Förderung mit 10 Milliarden Euro über mindestens 10 Jahre für den sozialen, gemeinnützigen wie auch kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau und einen Rekommunalisierungsfonds vor. Damit könnten jährlich 250000 Sozialwohnungen mit dauerhaften Mietpreis- und Belegungsbindungen und weitere 130000 Wohnungen im kommunalen, genossenschaftlichen oder gemeinwohlorientierten Eigentum entstehen. Innerhalb von vier Jahren wären das insgesamt 1,5 Millionen Neubauwohnungen mit dauerhaft günstigen Mieten. Der Rekommunalisierungsfonds stellt zusätzlich Mittel für den Ankauf vorhandener Wohnungen und Grundstücke bereit.

Ziel des linken Wohnungsbauprogramms ist es, den Anteil öffentlichen und gemeinwohlorientierten Eigentums an Wohnraum deutlich zu erhöhen und somit den nicht profitorientierten Wohnungssektor zu stärken. Durch Zuschüsse und Förderungen sollen vor allem Wohnungen für den Teil der Bevölkerung gebaut werden, der auf bezahlbare Mieten angewiesen ist: Menschen mit geringem Einkommen, Menschen mit Behinderung, aber auch Durchschnittsverdienende und Haushalte aus der Mittelschicht, die keinen Anspruch auf Sozialwohnungen haben, sich trotzdem die hohen Mieten auf dem freien Markt nicht leisten können. Auch die konsequente Anwendung des Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten trägt dazu bei, die Mietpreisspirale zu durchbrechen. Berlin praktiziert es seit dem Jahr 2016, um sich »die Stadt zurückzukaufen« und Wohnungen wieder in öffentliche und genossenschaftliche Hand zu bringen. Damit dieser Weg fortgesetzt werden kann, braucht es allerdings deutlich mehr öffentliche Mittel. Unser öffentliches Wohnungsbauprogramm nach Wiener Vorbild wäre ein vernünftiger und spürbarer Ansatz für dauerhaft bezahlbare Mieten.

Mehr unter gleft.de/2z7

Caren Lay ist stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE