Es ist gut, dass das Theater der Jamaika-Sondierungen zu Ende ist. Eine Koalition von Union, FDP und Grünen wäre eine Katastrophe für Deutschland gewesen. Das wird sehr deutlich, wenn man sich anschaut, auf was die Parteien sich geeinigt hatten: unter anderem keine angemessene Besteuerung der Reichen, keine Anhebung des Mindestlohns, keine Maßnahmen zur Verringerung von Altersarmut, eine wachsende Kluft zwischen Kindern aus weniger gut betuchten Haushalten und denen der Besserverdienenden, das Festhalten an der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen. Die Schwarze Ampel wäre Weiter-so-Politik in Reinkultur gewesen. Mit Jamaika hätte es weder einen Politikwechsel noch eine soziale Wende gegeben.
Aber das nächste Theaterstück hat schon Premiere. Obwohl die SPD einer Neuauflage einer Großen Koalition direkt nach der Wahl eine klare Absage erteilt hatte, überlegen die Sozialdemokraten jetzt, sich wieder für eine Kanzlerin Merkel herzugeben. Die Chance für eine inhaltliche Erneuerung der SPD wird wieder nicht genutzt werden. Auch eine Minderheitsregierung wird sich den sozialen Problemen absehbar nicht stellen. Zwar klingt Minderheitsregierung erst mal charmant, aber es droht ein unheilvolles Bündnis der Union mit der FDP und der AfD, das alles, aber keine soziale Politik machen würde.
Während also monatelang erfolglos rumverhandelt wurde, schaffen Konzerne Fakten. Sie können gut ohne eine handlungsfähige Regierung. Die Politik der letzten Legislaturperioden hat ihnen durch Gesetzesänderungen ermöglicht, auf verantwortungslose Art und Weise ihre Profite weiter zu steigern. Allein durch die aktuelle Air-Berlin-Pleite und die Siemens-Umstrukturierung drohen über zehntausend Arbeitsplätze verlorenzugehen. Die geplanten Massenentlassungen im Osten sind ein tiefer Einschnitt für die betroffenen Regionen. Massenentlassungen trotz Milliardengewinnen und erheblichen Aufträgen der öffentlichen Hand sind eine Provokation. Diesem zügellosen Verhalten der Konzernmanager muss politisch ein Ende gesetzt werden. Deswegen hat DIE LINKE im Dezember im Parlament einen Antrag vorgelegt, der Massenentlassungen in profitablen Unternehmen verbietet.
Das Parlament kann handeln
Während sich die Sondierungen in die Länge ziehen, leiden die Menschen weiterhin unter unsozialer Politik. Gerade in der Weihnachtszeit ist es besonders schmerzhaft und macht das Sondierungsgezerre zu einem unwürdigen und zynischen Schauspiel. Das neu gewählte Parlament kann aber jetzt, unabhängig von der Regierungsbildung, handeln. Deshalb werden wir schon unter der geschäftsführenden Merkel-Regierung jede Möglichkeit nutzen, um im Interesse der Beschäftigten und Rentner soziale Alternativen einzufordern. Es wird aufschlussreich sein, wie sich SPD und Grüne, ohne an einen Koalitionsvertrag gebunden zu sein, im Parlament verhalten werden – nachdem in der vergangenen Legislaturperiode, als es noch eine Mehrheit jenseits der Union gab, diese nicht genutzt wurde.
Fest steht, dass ein Politikwechsel immer dringender wird. Für viele Menschen reicht das Geld nicht mehr zur Bewältigung ihres Alltags, für die Miete, die Klassenfahrt oder einen Urlaub. Auf der anderen Seite gibt es obszönen Reichtum, der das Klima in der Gesellschaft negativ verändert.
Der Wahlerfolg der AfD zeigt auch, was passiert, wenn existenzielle Sorgen anhaltend ignoriert werden. Aus Frust und Wahlenthaltung werden wachsende Stimmenanteile für rechte Parteien. Wir kämpfen dafür, dass Rechtspopulisten und Rassisten dauerhaft der Nährboden entzogen wird. Das geht nur mit einer sozialen Wende, mit einem Politikwechsel, der soziale Sicherheit und Frieden garantiert.
Als DIE soziale Opposition setzen wir uns im Parlament zentral für folgende Punkte ein:
1. Schluss mit der Lohndrückerei. Von Arbeit muss man gut leben können. Wir beantragen im Bundestag, den gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 auf 12 Euro zu erhöhen. Nur dann reicht es später für eine Rente oberhalb der Grundsicherung. Gute und sichere Arbeitsplätze heißt für uns Leiharbeit, Befristungen ohne sachlichen Grund und Minijobs zu verbieten. Frauen müssen endlich gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten. Die Löhne im Osten müssen zügig Westniveau erreichen. Zudem kämpfen wir für eine am Einkommen orientierte Arbeitslosenversicherung, die vor sozialem Absturz schützt und die Qualifikation der Betroffenen nicht entwertet.
2. Starker Sozialstaat statt Unsicherheit und Zukunftsangst. Die Renten in diesem Land sind vielfach zu niedrig. Vielen Menschen droht Altersarmut. Aber es geht besser, wenn alle in einen Rententopf einzahlen. Auch Abgeordnete. In Österreich, wo dieses Modell praktiziert wird, hat ein Rentner durchschnittlich 800 Euro mehr im Monat zur Verfügung. Wir streiten außerdem für die Beendigung der Zweiklassenmedizin und setzen uns für eine solidarische und paritätisch finanzierte Gesundheitsversicherung ein. So sinken Beiträge und Zuzahlungen, auch für Zahnersatz und Brille. Der Wohnraum muss durch eine konsequente gesetzliche Mietpreisbegrenzung für alle bezahlbar bleiben. Und die Pflege muss durch wirksame Sofortmaßnahmen deutlich verbessert werden.
3. Kinderarmut entschlossen bekämpfen. Gemeinsam mit Initiativen und Organisationen der Kinderlobby kämpfen wir für ein Ende von Kinderarmut. Besonders Kinder und Alleinerziehende sind von den unsäglichen Hartz-IV-Gesetzen betroffen, die wir abschaffen und durch sichere und auskömmliche Sozialleistungen ersetzen wollen, zum Beispiel eine Kindergrundsicherung. Jedes Kind hat das gleiche Recht auf ein gutes Leben, auf gute Bildung, gutes Wohnen und mehr. Das wollen wir gesetzlich und finanziell sicherstellen.
4. Dem Osten neue Möglichkeiten eröffnen. Als Niedriglohnregionen hatten und haben weder die ostdeutschen Länder noch die strukturschwachen Regionen im Westen eine Chance. Das Gegenteil ist der Fall. Wir setzen der Strategie von Kürzungen und Niedriglohn eine aktive regionale Wirtschaftsförderung und Strukturpolitik entgegen. Gute Arbeit muss mit zukunftsfähiger Forschungs- und Industrieentwicklung und dem ökologischen Umbau von Wirtschaft und Infrastruktur verbunden werden.
5. Staat statt privat. Privatisierungen bedeuten einen Angriff auf die sozialen Menschenrechte. Profitinteressen haben beim Betrieb von Verkehrsinfrastruktur, Krankenhäusern, Schulen und im sozialen Wohnungsbau nichts zu suchen. Wir lehnen »öffentlich-private Partnerschaften« (ÖPP) ab, die am Ende nur gesellschaftliches Vermögen auffressen. Stattdessen wollen wir mit Reichensteuern notwendige Investitionen in Bildung und Gesundheit, Pflege und Erziehung, in Schwimmbäder und den sozialen Wohnungsbau sichern und den sozial-ökologischen Umbau vorantreiben.
6. Gerecht umsteuern. Wir legen uns mit den Reichen und Mächtigen an. Ohne eine Vermögenssteuer als Millionärssteuer ist die Wiederherstellung des Sozialstaates nicht finanzierbar. Der Steuerflucht von Konzernen und reichen Privatpersonen muss ein Riegel vorgeschoben werden. Familien mit Kindern sowie niedrige und mittlere Einkommen bis 7.100 Euro brutto im Monat (Steuerklasse I) wollen wir entlasten.
7. Frieden und Sicherheit statt Aufrüstung. Wir wollen Deutschland zum Abrüstungsweltmeister und Kriegsdienstverweigerer machen. Wir fordern ein Verbot von Waffenexporten. Die Bundeswehr muss aus allen Kampfeinsätzen zurückgeholt werden. Stattdessen wurden allein sieben solcher Missionen im Dezember 2017 verlängert. Das NATO-Rüstungsziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), die Unterstützung islamistischer Diktaturen oder die fortschreitende Militarisierung der EU im Rahmen der »Verteidigungsunion« lehnen wir ab. Statt auf Konfrontation und Sanktionen gegen Russland setzen wir auf eine Friedens- und Entspannungspolitik. Das bedeutet auch, die Militarisierung und Aufrüstung im Inneren zu beenden. Wir fordern ein Ende der intransparenten und gefährlichen Arbeit der Geheimdienste und eine konsequente Aufklärung des staatlichen Versagens im Fall Amri oder beim NSU.
8. Modern und digital, für Europa. Wir wollen in die Infrastruktur und damit in die Zukunft investieren. Wir wollen, dass alle gleichermaßen an der fortschreitenden Digitalisierung teilhaben können. Der flächendeckende Breitbandausbau ist dafür eine Grundvoraussetzung. Statt Austerität und Sozialabbau wollen wir eine Neubegründung der europäischen Idee, hin zu einer gemeinsamen, solidarischen, gerechten, demokratischen und europäischen Perspektive.
Unabhängig davon, ob es erneut eine Große Koalition, eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen gibt: Die Fraktion DIE LINKE bleibt die Kraft, die sich verlässlich und konsequent für einen wirklichen Politikwechsel einsetzt.