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Kostenfalle: Eigenanteil im Pflegeheim

erschienen in Clara, Ausgabe 47,

Gudrun Hohendorf, Christine König und Klaus Hommel lernten sich zufällig kennen: in einem Pflegeheim im Landkreis Märkisch-Oderland im Land Brandenburg. Hier leben ihre Angehörigen: die über 80-jährigen Eltern, der demenzkranke Ehemann beziehungsweise die betagte Mutter. Was die drei und weitere Angehörige an einen Tisch brachte und eine Angehörigeninitiative gründen ließ, war der neue Kostenbescheid des Pflegeheims über den monatlich zu zahlenden Eigenanteil. Satte 35 Prozent Aufschlag monatlich. Konkret in Zahlen hieß das für jeden und jede im Heim zwischen 400 bis 700 Euro mehr pro Monat. Der erste Anstieg war bereits im Februar 2018 fällig, der nächste steht jetzt für diesen Februar an. Der Eigenanteil, den Heimbewohner aus eigener Tasche finanzieren müssen, liegt damit bei bis zu 2.055 Euro monatlich. Wenn die Rente der Pflegebedürftigen nicht reicht, werden die Angehörigen zur Kasse gebeten.

Christine König erzählt, sie »lebt seit Monaten in Panik«. Könnte schon jetzt das Geld für ihren demenzkranken Mann nicht mehr aufbringen. Klaus Hommel erklärt, dass er natürlich für seine Eltern Sozialhilfe beantragen kann. Das mag rechtlich auch stimmen, aber man müsste »sich mal in die Lage der beiden versetzen«. Sie sind 85 und 87 Jahre alt, haben »ein Leben lang gearbeitet, das Geld zusammengehalten, um im Alter davon leben zu können«. Und jetzt? Jetzt seien sie plötzlich »Sozialhilfeempfänger«. Gudrun Hohendorf spricht von Frauen und Männern im Heim, die weinen und ihren Angehörigen mitteilen, sie »möchten ihnen finanziell nicht zur Last fallen«.

Personalkosten abgewälzt auf Heimbewohner

Solche und ähnliche Berichte kommen auch aus Sachsen-Anhalt. In beiden Bundesländern stiegen die Eigenanteile im letzten Jahr besonders drastisch an. Der Grund dafür ist ein Passus in der jüngsten Pflegereform. Der sieht vor, Pflegekräfte angemessen zu bezahlen. Das sei gut so, findet die Angehörigeninitiative in Brandenburg. Schlecht dagegen, dass die Tarifsteigerung vom Heim aus komplett auf die Bewohner umlegt wird. Laut Gesetz dürfen sie das. Die Pflegeversicherung beteiligt sich nicht daran. Sie begleichen ausschließlich die reinen Pflegekosten. Zu den Heimkosten zählen jedoch auch Verpflegung und Unterkunft. Klaus Hommel blättert auf, was seine Mutter – der Vater verstarb unlängst – von ihrer Nettorente in Höhe von 1.200 Euro außerdem noch zahlt: eine Azubipauschale von 68 Euro, eine Investitionszulage von 60 Euro. Beides ebenfalls monatlich.

Das sind Kosten, die kaum noch ein betagter Mensch im Pflegheim aufbringen kann. Neben der Angehörigeninitiative schlägt auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz Alarm. »Die Hälfte der Betroffenen kann die Kosten für die Unterbringung nicht stemmen«, werde »abhängig von Sozialhilfe«. Der DAK-Report 2018 verlangt von der Politik eine Deckelung der Eigenanteile. Gudrun Hohendorf, Christine König und Klaus Hommel wehren sich »von unten«. Sie brachten eine Petition auf den Weg, sammelten und sammeln Unterschriften gegen den »Pflegenotstand in Seniorenheimen« und für einen »Pflegeaufstand für die Würde der alten Menschen«. Mitunterstützer fanden sie in Bayern und weiteren Brandenburger Landstrichen. »Wir müssen und können was bewegen«, sagt Klaus Hommel, »ansonsten bewegt sich unter der Kuppel im Reichstagsgebäude gar nichts.«

Gisela Zimmer

Mehr unter: www.weact.campact.de/petitions/pflegenotstand-in-seniorenheimen-pflegeaufstand-fur-die-wurde-der-alten-menschen