Seit fast 130 Jahren ist der 1. Mai der Tag der internationalen Gewerkschaftsbewegung. Seitdem haben die Gewerkschaften vieles erreicht: den Achtstundentag, die Fünftagewoche, den bezahlten Jahresurlaub, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und – nicht zu vergessen – regelmäßige Lohnerhöhungen.
Doch heute ist die Arbeitswelt in Deutschland tief gespalten. Dort, wo die Gewerkschaften Tarifverträge durchsetzen können, steigen die Löhne weiter regelmäßig an. Seit dem Jahr 2000 stiegen sie real (bereinigt um die Preisentwicklung) um rund 16 Prozent. Doch von diesen Tariferhöhungen profitieren immer weniger Beschäftigte. Denn eine wachsende Zahl wird nicht mehr nach Tarif bezahlt. Ihre Anzahl hat drastisch zugenommen. Hinzu kommt die Ausbreitung von Werkverträgen, Leiharbeit und ähnlich unsicheren Jobs, die ebenfalls häufig unter Tarifniveau entlohnt werden. In ein und demselben Betrieb werden dann schon mal bis zu zwei Drittel weniger für die gleiche Arbeit bezahlt, wie es beispielsweise im vergangenen Jahr beim Autohersteller Daimler enthüllt wurde. Das Ergebnis: Der wachsende Wohlstand kommt bei immer weniger Menschen an. Das Prinzip »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« muss ohne Ausnahmen gesetzlich festgeschrieben, die Tarifflucht der Arbeitgeber gestoppt werden. Und Tarifverträge müssen leichter als allgemeinverbindlich für eine gesamte Branche erklärt werden können, damit sie nicht zuletzt auch für diejenigen gelten, die von ausländischen Unternehmen als Beschäftigte nach Deutschland entsandt werden.
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD sucht man vergeblich nach Antworten auf diese Probleme. Wir wollen die Verhandlungsmacht der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften wieder stärken. Dafür werden wir weiter Druck machen und die Spaltung in Beschäftigte erster und zweiter Klasse beenden.
Pascal Meiser ist Sprecher für Dienstleistungspolitik in der Fraktion DIE LINKE