Abwicklung, Ausverkauf, Betrug – das verbinden viele Ostdeutsche mit der Treuhand. Aus gutem Grund: Die Art und Weise, wie gewaltige Vermögensbestände privatisiert wurden, hat zur anhaltenden Strukturschwäche ostdeutscher Bundesländer wesentlich beigetragen. Die Treuhand und die damalige schwarz-gelbe Regierung haben dafür gesorgt, dass selbst lukrative Filetstücke zu Spottpreisen an westdeutsche und ausländische Investoren verhökert wurden. Die Käufer selbst hatten selten Interesse an einer Aufrechterhaltung der Produktion. Deindustrialisierung, Vernichtung von Arbeitsplätzen, Enteignung der Bevölkerung mit teilweise korrupten Methoden – das ist die traurige Bilanz einer Behörde, die das Gegenteil treuhänderischer Politik betrieben hat.
Wenn die eigene Leistung und Qualifikation plötzlich nichts mehr zählt, wenn man seine Arbeit verliert, weil selbst gewinnträchtige Betriebe als »marode« abqualifiziert und plattgemacht werden, dann reißt das tiefe Wunden. Zumal das zweifelhafte Agieren der Treuhandanstalt bis heute nachwirkt: Noch immer sind Ostdeutsche kaum in Führungspositionen vertreten, sie arbeiten häufiger zu Niedriglöhnen und besitzen im Durchschnitt gerade mal ein Drittel so viel Vermögen wie westdeutsche Haushalte. Sicher: Man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Aber man sollte mindestens Fehler und Verantwortliche benennen und Letztere dazu zwingen, Rechenschaft abzulegen.
Sahra Wagenknecht , Fraktionsvorsitzende