Andrej Kossolapov: Nicht nur in Deutschland, sondern überall versuche ich, umfangreiche Information über meine Heimatstadt weiterzugeben. Es gibt keinen Ort auf dieser Erde, der vom Faschismus mehr betroffen war als Stalingrad während des Zweiten Weltkriegs. Die völlig zerstörte und wieder aufgebaute Stadt wurde zum Symbol des aufrichtigen Strebens der Menschen nach einem stabilen Frieden auf unserer Erde. Aber dafür bezahlte die Stadt, die eine humanitäre Katastrophe erlebte, einen schrecklichen Preis: Bis zum Beginn des Großen Vaterländischen Kriegs lebten dort mehr als 500.000 Menschen, im Februar 1943 waren es nur noch 32.000. In Stalingrad wurde der Zweite Weltkrieg entschieden. Der Sieg am Wolgaufer war der Beginn der Zerschlagung Nazideutschlands. Im Feuer der Stalingrader Schlacht entstand auch der Wunsch der Völker, so etwas nie wieder zuzulassen. Es wurden Städtepartnerschaften gegründet. Stalingrad und die britische Stadt Coventry gingen als erste Partnerstädte der Welt in die Geschichte ein. Es war der Anfang eines weltweiten Bündnisses gegen den Krieg.
Welche Erwartungen haben Sie an die deutsch-russischen Beziehungen in den nächsten Jahren?
In den vergangenen dreißig Jahren entwickelten sich die offiziellen Beziehungen zwischen unseren Ländern unterschiedlich. Russland und Deutschland haben mal eng zusammengearbeitet und sich dann wieder voneinander entfernt. Aber ich möchte betonen, dass die Beziehungen zwischen den Menschen unserer Städte immer respektvoll und freundlich waren. Heute erleben wir eine komplizierte Zeit in der internationalen Arena. Und wir hoffen doch, dass die – nicht von uns aufgebaute – Barriere überwunden wird. Auf der Ebene der Städte ist es einfacher, insbesondere dann, wenn bereits eine bestimmte Grundlage der partnerschaftlichen Beziehungen existiert.
Wie können die direkten Beziehungen zwischen den Menschen, Organisationen und Initiativen lebendiger werden?
Wolgograd hat zwei Partnerstädte in Deutschland, Köln und Chemnitz, mit denen seit 1988 die Zusammenarbeit in vielen Richtungen gelebt wird. Es gibt gemeinsame öffentliche Projekte, Studenten- und Jugendaustausch. Deutsche Experten nehmen an allen in Wolgograd stattfindenden internationalen Foren und Konferenzen teil. Ein weiterer Erfolg der deutsch-russischen Diplomatie ist die Zusammenarbeit Wolgograds mit dem Deutsch-Russischen Forum. Alle Fragen werden offen auf dem internationalen Forum »Dialog an der Wolga« in Wolgograd besprochen, an dem immer die Bürgermeister der deutschen Partnerstädte, die Vertreter des Deutsch-Russischen Forums und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag teilnehmen.
Übersetzung: Olga Lorenz