„Der Abzug der US-Truppen aus Syrien ist richtig und notwendig. Der von den USA geführte Anti-IS-Einsatz unter Beteiligung der Bundeswehr ist in Syrien, egal ob im syrischen Luftraum oder auf syrischem Boden, völkerrechtswidrig: so urteilt auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages in einem unter anderem von mir in Auftrag gegebenen Gutachten. Aber nicht nur aus rechtlicher Perspektive ist der Abzug begrüßenswert, sondern auch unter politischem Gesichtspunkten“, so Alexander Neu, für die Fraktion DIE LINKE Obmann im Verteidigungsausschuss. Neu weiter:
„Wer den Abzug der USA aus Syrien bedauert oder als Fehler betrachtet, übersieht, dass das Chaos in der Nahostregion im Wesentlichen von den USA und deren Verbündeten erzeugt worden ist. Die USA verfolgen ihre geopolitischen und geoökonomischen Interessen - mal mehr und mal weniger - offen.
Der IS ist das Ergebnis des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges der USA auf den Irak 2003 zum Zwecke des Regierungssturzes. Dass der IS auch nach Syrien überschwappen konnte, hat ebenfalls mit den Regimechange-Phantasien des Westens zu tun. Bis heute ist in den westlichen Hauptstädten der Wunsch groß, in Syrien ein prowestliches Regime zu installieren. Das westliche ‚Engagement‘ in Syrien war zu keinem Zeitpunkt problemlösend, sondern konfliktverschärfend und wurde auf den Rücken der Menschen in Syrien ausgetragen.
Der Rückzug der USA wird allerdings ein großes Sicherheitsrisiko für die Kurden in Syrien mit sich bringen. Es spricht einiges dafür, dass die türkische Führung die Gunst der Stunde nutzen wird, um über die Region militärisch herzufallen, diese zu okkupieren, vielleicht sogar zu annektieren und ethnische Säuberungen durchzuführen, wie schon in der syrischen Region Afrin. Es liegt auch in der Verantwortung der russischen Führung, dieses Szenario zu verhindern. Aber auch die Bundesregierung muss endlich Farbe bekennen und die türkische Okkupation in Syrien als das bezeichnen, was es ist: ein völkerrechtswidriger Akt. In Folge dessen muss die EU, die im Falle Russlands sehr schnell mit Sanktionen agiert, endlich schmerzhafte Sanktionen gegen die Türkei verhängen. Nur weil die Türkei ein NATO-Verbündeter ist, darf das Völkerrecht nicht ignoriert werden. Hier steht die Glaubwürdigkeit sogenannte r westlicher Werte auf dem Spiel.
Eine stabile und friedliche Zukunft Syriens ist letztlich nur möglich, wenn Syrien sich frei von militärischer Präsenz und politischem Druck durch Drittstaaten selbstbestimmt entwickeln kann. Das gilt auch für die Präsenz der Verbündeten der syrischen Regierung, Russland und Iran.“