„Dieser Entwurf ist nur ein mut- und kraftloser Versuch, die immer prekärer werdende Versorgungslage in den Griff zu bekommen“, erklärt Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den Entwurf für ein "Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG)". Die Lieferengpässe insbesondere bei Krebsmedikamenten und Kinderarzneien haben in den letzten Monaten die gravierenden Schwachstellen in der Arzneimittelversorgung offengelegt. Vogler weiter:
„Tatsächlich geht es nicht nur um die im ALBVVG behandelten Lieferprobleme bei patentfreien Antibiotika und Krebsmitteln. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) listet derzeit aber 411 Medikamente auf, die nicht oder kaum verfügbar sind, darunter auch, neben Schmerzmitteln und Antibiotika, Blutdrucksenker, Schilddrüsenmedikamente und Psychopharmaka.
Um die Hauptursachen für Lieferengpässe umfassend und dauerhaft zu bekämpfen, braucht es neue Regeln der Preisbildung für Medikamente. Fragile Lieferketten durch die Verlagerung der Arzneimittelproduktion ins Ausland und die zunehmende Monopolisierung der Produktion auf einige wenige Produzenten sind das Ergebnis des Preisdrucks, dem der Generikamarkt ausgesetzt ist. Während Generika im Rahmen der Rabattverträge mit den Krankenversicherungen teilweise unter dem Preis der Verpackung gehandelt werden, bringen die Hersteller von Markenmedikamenten ihre Produkte oft zum hundert- oder sogar tausendfachen Herstellungspreis auf den Markt - das ist alles andere als nachhaltig und gerecht. DIE LINKE fordert deshalb mehr Transparenz und Kontrolle bei der Preisbildung in der Pharmaindustrie und die Abschaffung des Rabattsystems für generische Medikamente.
Anstatt diese Missstände anzugehen, verlagert der Gesetzentwurf wieder einmal die Kompensation der Probleme auf die eigentlich Leidtragenden: So sollen die seit der Pandemie erleichterten Austauschregeln für Medikamente in den Apotheken nun auf die in einer zuvor festgelegten Engpassliste für besonders ‚versorgungsrelevante und versorgungskritische Wirkstoffe‘ beschränkt werden. Nach welchen Kriterien wird diese Liste definiert und wer soll betroffenen Patienten erklären, dass ihr dringend benötigtes Medikament nicht auf dieser Liste steht, weil es als nicht ‚versorgungsrelevant‘ gilt? Ebenso ist eine erweiterte Bevorratungspflicht für Krankenhäuser auf acht Wochen nur bedingt hilfreich, denn die Krankenhausapotheken dürfen ihre Medikamente nur an die Patienten abgeben, die stationär behandelt werden. Dass die Pharmaunternehmen jetzt bei nicht eingehaltener gesetzlicher Bevorratungspflicht mit Bußgeldern belegt werden sollen, ist so begrüßenswert wie längst überfällig: Das Gesetz gilt seit 1978 und wurde bisher kaum dazu benutzt, Pharmaunternehmen, die ihren Lieferverpflichtungen nicht nachkommen, zu sanktionieren.
Eine sichere und gerechte Arzneimittelversorgung darf nicht länger durch das Profitstreben der Pharmaindustrie oder drastische Einsparungsmaßnahmen der Krankenkassen reguliert werden. Ein wirkliches Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungsgesetz muss die Rechte und Bedarfe der Patienten schützen und nicht die Gewinne der Pharmaindustrie.“