„Südafrika und Indien haben 2020 bei der WTO eine Initiative für die Aussetzung der Patente für Covid-19-Impfstoffe (‚waiver‘) eingebracht. Unterstützt wird diese Initiative von etwa 100 Regierungen. Kürzlich haben sich auch etwa 170 frühere Staats- und Regierungschefs sowie Nobelpreisträger – darunter Michail Gorbatschow und François Hollande – direkt an US-Präsident Joe Biden gewandt mit der Forderung, die Patente auf Covid-19-Impfstoffe aufzuheben. Bisher scheitert die Initiative in der WTO am Widerstand einiger Big-Pharma-Staaten, darunter die USA, die Schweiz und Deutschland“, erklärt Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, anlässlich eines Austausches des Arbeitskreises Wirtschaft & Finanzen mit Herrn Mustaqeem de Gama, von der ständigen Vertretung Südafrikas bei der Welthandelsorganisation (WTO) zum Thema Impfstoffe. De Masi weiter:
„Es ist eine großartige Leistung, dass innerhalb kürzester Zeit Impfstoffe gegen Covid-19 entwickelt werden konnten. Ermöglicht wurde dies auch durch massive Unterstützung mit öffentlichen Geldern und Forschungseinrichtungen. Daher ist es auch für die Pharmaindustrie zumutbar, bei Entschädigung von Entwicklungskosten auf Patente zu verzichten, wie dies auch in WTO-Abkommen sowie im Infektionsschutzgesetz für Notlagen wie Pandemien ausdrücklich geregelt ist.
Je länger sich das Virus ungestört in der Welt ausbreiten kann, desto größer ist die Gefahr, dass immer neue Mutationen entstehen, die letztendlich auch die Wirksamkeit von Impfstoffen in Deutschland bedrohen. Eine Aufhebung der Patente würde technologische Kooperationen von Unternehmen und staatliche Anreize zur Produktionsausweitung erleichtern. Selbst wenn die Bevölkerung in den Industriestaaten geimpft wurde, bleibt die Impfstoffknappheit im globalen Maßstab bestehen. Da eine Ausweitung der Produktion durch zusätzliche Fertigungslinien für die Pharmaindustrie nicht die Gewinne maximiert, braucht es Zuckerbrot und Peitsche – einen Mix aus öffentlichen Beihilfen und Freigabe der Patente – um das globale Angebot an Impfstoffen auszuweiten.
Eine finale Entscheidung über die Initiative erfolgt voraussichtlich bei der nächsten offiziellen Sitzung des TRIPS-Rates der WTO im Juni. Es wird Zeit, dass die Bundesregierung und die EU endlichen ihre ablehnende Haltung aufgeben und die Initiative bei der WTO unterstützen.“