„Die Bundesregierung hat diese Legislatur nicht genutzt, um die bestehenden und wachsenden Risiken für die Bundestagswahlen zu minimieren. Sie hat kein Demokratiefördergesetz verabschiedet, um Kenntnis und Vertrauen in demokratische Institutionen und Prozesse zu erhöhen und um Initiativen, Vereine und Organisationen strukturell und nachhaltig zu fördern, die Desinformationskampagnen den Humus entziehen, z.B. indem sie sich in der Fläche für Antirassismus, interkulturellen Austausch und die politische Debattenkultur ganz allgemein engagieren“, erklärt die netzpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Anke Domscheit-Berg, zur heutigen Pressekonferenz von Bundesinnenminister Seehofer, BSI, BfV und Bundeswahlleiter zur Sicherheit rund um die Bundestagswahl. Die Abgeordnete weiter:
Vor allem im Bereich der IT-Sicherheit hat Bundesinnenminister Seehofer versagt und so die gesamte Gesellschaft erhöhten Risiken ausgesetzt, die rund um die Wahlen insbesondere auch Kandidatinnen, Kandidaten und Parteien treffen können. Sein IT-Sicherheitsgesetz 2.0 wurde zu Recht von Sachverständigen als Anti-IT-Sicherheitsgesetz bezeichnet. Die neu vorgelegte Cybersicherheitsstrategie verschlimmert die Situation weiter, denn während BSI-Chef Schönbohm vor täglich Tausenden neuen Schadprogrammen warnt, möchte Seehofer weiterhin Sicherheitslücken nicht konsequent schließen, sondern geheim halten, um sie für Überwachungsaktivitäten ausnutzen zu können. Mit dem neuen Verfassungsschutzgesetz erhielten nun sogar alle 19 Geheimdienste in Bund und Ländern die Befugnis, Staatstrojaner einzusetzen, die unter Ausnutzung von Sicherheitslücken in IT-Systeme eingeschleust werden. Sicherheitslücken kennen jedoch kein Gut und kein Böse. Wenn Schwachstellen offen sind, können sie auch Kriminelle, politische Gegnerinnen und Gegner oder Akteure ausnutzen, die ein Interesse daran haben, die Integrität der Bundestagswahlen zu verletzen und das Vertrauen in die Demokratie zu untergraben. Maßnahmen, die unser aller IT-Sicherheit merklich erhöht hätten, hat Innenminister Seehofer versäumt: es gibt keine Mindestupdatepflicht für Software, es gibt keine Produkthaftung für IT-Produkte, es gibt keine vollständige Unabhängigkeit des BSI, und es gibt weiterhin zu wenig Förderung für frei verfügbare Open Source IT-Sicherheitsprodukte. Stattdessen bedauert Seehofer in der Pressekonferenz sogar, dass es weiterhin keine gesetzliche Grundlage für einen „Hackback“ gibt, einen staatlichen Gegenangriff bei sogenannten Cyberattacken. Dass er Angriff für die beste Verteidigung hält, zeigt, wie schlecht es um Seehofers IT-Kompetenz bestellt ist. Dass über 80 Prozent aller in 2020 neu besetzten IT-Sicherheitsstellen auf Bundesebene im Bereich des Verteidigungsministeriums angesiedelt waren, zeigt ebenfalls das merkwürdige Verständnis der Bundesregierung zur Rolle der IT-Sicherheit. Im Bereich der Abwehr von Angriffen auf die IT-Sicherheit haben weder Bundeswehr noch Geheimdienste etwas zu suchen.“