„Das einzig Gute an den Koalitionsbeschlüssen zur Rente ist, dass die FDP sich mit ihren radikalen Angriffen auf die gesetzliche Rente nicht durchsetzen konnte: Die Regelaltersgrenze wird nicht erhöht, und das Mindestrentenniveau von 48 Prozent ohne Rechentricks bleibt als untere Haltelinie erhalten. Eine echte Aktienrente zu Lasten der gesetzlichen Rente wird es nicht geben. Aber: Das Ergebnis dieses Abwehrkampfs heißt sozialdemokratischer Stillstand im Kampf für ein höheres Rentenniveau. Auf die große Frage, wie die stetig steigende Altersarmut bekämpft werden soll, finden sich in dem Dokument keine Antworten. Mit rentenpolitischem ‚Fortschritt’ oder gar einem ‚Neustart‘ hat das nichts zu tun", erklärt Matthias W. Birkwald, Rentenexperte der Fraktion DIE LINKE. Birkwald weiter:
„Wir brauchen jetzt gemeinsam mit den Gewerkschaften und den Sozialverbänden eine echte Debatte über eine stabile Finanzierung guter Renten. Die Steuerschätzung geht für die kommenden Jahre von zusätzlichen 15 Milliarden Euro pro Jahr aus. Da die Ampel auf Steuererhöhungen für Reiche verzichtet und die Beitragssatzbremse im Gesetz bleibt, heißt das klipp und klar: Für echte Leistungsverbesserungen für heutige und zukünftige Rentnerinnen und Rentner bleibt nichts mehr übrig. Und für eine sachgerechte Finanzierung der vielen nicht-beitragsgedeckten Leistungen gibt es ebenfalls kein Geld.
Von den zehn Milliarden Euro, die die Rentenversicherung im kommenden Jahr auf Wunsch der FDP bis auf weiteres auf dem Kapitalmarkt parken soll, sind jedenfalls keine großen Sprünge zu erwarten, denn dieser Betrag entspricht in etwa den Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherung von elf Tagen. Viel sinnvoller wäre es gewesen, die Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung umzubauen, in die beispielsweise auch Politiker und Beamte einbezogen worden wären. Hier haben sich SPD und GRÜNE von der FDP die Butter vom Brot nehmen lassen. Alle jetzigen und künftigen Rentnerinnen und Rentner sind also die Verlierer der Koalitionsverhandlungen. Die Rentenkürzungspolitik der vergangenen 20 Jahre wird einfach fortgeschrieben - und mit der Wiedereinführung des Nachholfaktors werden die Renten im kommenden Jahr weniger stark steigen als bisher angenommen. Und das bei einer durchschnittlichen Rente von 1087 Euro netto vor Steuern.
Erfreulich ist, dass nach vierjähriger Blockade endlich auch die Erwerbsminderungsrenten im Bestand verbessert werden sollen und der Härtefallfonds für Ostdeutsche, jüdische Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler endlich kommen soll. Das lange Verschleppen der alten Bundesregierung hat dazu geführt, dass viele Berechtigte nichts mehr von der Entschädigung haben werden. Deshalb muss jetzt ein fünfstelliger Betrag auf den Tisch, um diese Rentenungerechtigkeiten wenigstens im Ansatz zu heilen.
Das gleiche gilt für die seit 1976 offene Frage, dass arbeitende Strafgefangene für ihre Arbeit keine Rentenpunkte erhalten. Eine entsprechende Regelung ist bisher im Dickicht des Föderalismus blockiert worden. Hier braucht es im Geiste einer echten Resozialisierung endlich ein Bundesgesetz und Bundesmittel.
Insgesamt bleibt der Koalitionsvertrag aus rentenpolitischer Sicht aber trotz dieser punktuellen Verbesserungen eine große Enttäuschung.
Wer eine gute und gerechte Rente mit einem lebensstandardsicherndem Rentenniveau von 53 Prozent und einer echten armutsfesten Solidarischen Mindestrente will, muss beim nächsten Mal DIE LINKE wählen.“