„Es ist ein Erfolg jahrzehntelanger Bemühungen von unterschiedlichen feministischen Bewegungen und Generationen, dass Feminismus zu einer zentralen Leitlinie der Außen- und Entwicklungspolitik werden soll. Nun kommt es darauf an, dass dies nicht bloß eine Vereinnahmung bleibt. Noch ist unklar, inwiefern es sich bei den heute vorgestellten Eckpunkten des Auswärtigen Amts und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) tatsächlich um eine Weiterentwicklung klassischer Gleichstellungs- und Gender Mainstreaming-Politik handelt. Ob neue Begriffe wie gendertransformative Ansätze wirklich Neues meinen oder nur verheißungsvoller klingen, muss sich zeigen. Unterdrückung wird auf jeden Fall nicht allein mit einem gendersensiblen Haushalt und einer Botschafterin für Feminismus abgeschafft“, so Cornelia Möhring, Sprecherin für Entwicklungspolitik der Fraktion DIE LINKE, zur heute von Außenministerin Annalena Baerbock und Entwicklungsministerin Svenja Schulze vorgestellten Strategie für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik. Möhring weiter:
„Es ist selbstverständlich zu begrüßen, dass nun in den entsprechenden Ministerien Gender-Budgeting eingeführt wird. Es ist aber auch genau das: eine Selbstverständlichkeit für eine sich fortschrittlich nennende Regierungskoalition, die für alle Ministerien gelten sollte. Dass bis 2025 irgendwie fast alle neuen BMZ-Projekte irgendwas mit Gleichstellung zu tun haben sollen, ist natürlich unterstützenswert. Dass lediglich acht Prozent aller BMZ-Projekte Geschlechtergerechtigkeit als Hauptziel verfolgen sollen, ist allerdings selbst für das BMZ erstaunlich unambitioniert. Auffällig ist darüber hinaus, dass hier nur noch von Gleichberechtigung, nicht mehr von Feminismus die Rede ist. Aber auch die feministische Außenpolitik kneift ein wenig, wenn es um Konsequenz geht, hier ist eine Ausschlussklausel direkt mit in den Leitlinien verankert: Feministische Außenpolitik setze sowohl auf Prinzipienfestigkeit als auch auf Pragmatismus. Was das praktisch heißt, ist klar: Im Zweifel gegen den Feminismus, wenn er nicht passt, wird er passend gemacht und bald sprechen wir von feministischer Rüstungspolitik.
Politik aus einer feministischen Perspektive aber stellt sich selbst auf den Kopf: Sie stellt konsequent menschliche Bedürfnisse vor Wirtschaftsinteressen. Privatisierten Sozial- und Gesundheitssystemen müsste eine solche Politik genauso wie Steueroasen und massiven privaten Vermögen den Kampf ansagen, denn unter zu teuren privaten und maroden Infrastrukturen, unter knappen öffentlichen Kassen leiden Frauen am allermeisten. Feministische Politik zielt auf Rechte, Repräsentation und Ressourcen, aber geht darin allein nicht auf. Dieses Mehr weiterhin zu erstreiten, ist die Kernaufgabe einer feministischen Opposition.“