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Zu Protokoll gegebene Rede

Rede von Clara Bünger,

Wir debattieren heute über den Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der EU-Verordnungen über grenzüberschreitende Zustellungen und grenzüberschreitende Beweisaufnahmen in Zivil- oder Handelssachen, zur Änderung der Zivilrechtshilfe, des Vormundschafts- und Betreuungsrechts sowie sonstiger Vorschriften. Mit diesem Entwurf soll letztlich zum einen die EU-Verordnung 2020/1783 vom 25. November 2020 über die Zusammenarbeit der zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (Beweisaufnahme), ABl. L 405/1 (EuBVO), und zum anderen die Verordnung vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten, ABl. 405/40 (EuZVO), umgesetzt werden. In beiden Fällen handelt es sich damit nicht um neue Regelungen, sondern um Neufassungen früherer Vorschriften, die eine Anpassung in den zivilprozessualen Vorschriften erfordern. Die neuen Regelungen zum Vormundschafts- bzw. Betreuungsrecht betreffen vorwiegend redaktionelle oder klarstellende Änderungen.

Inhaltlich geht es in den EU-Verordnungen darum, die Effizienz und Schnelligkeit von grenzüberschreitenden Gerichtsverfahren zu verbessern. Durch die zunehmende Digitalisierung des Justizwesens und die Ausstattung moderner Technologien soll den Bürgerinnen und Bürgern der Zugang zur Justiz und damit zu einem fairen Verfahren vereinfacht werden.

Das begrüßen wir als Linke, denn gerade die Pandemiejahre haben uns gelehrt, dass Digitalisierung zwar ein unverzichtbarer Bestandteil des Berufs- wie auch des Alltagslebens ist, in vielen Bereichen aber noch Verbesserungsbedarf besteht – so auch in der Justiz.

Für bedenklich halten wir jedoch die Regelung des Artikels 20 EuBVO, wonach bei der Beweisaufnahme der Einsatz von Videokonferenzen oder anderen Fernkommunikationstechnologien ermöglicht werden soll. Das bedeutet, dass Zeugen, Parteien oder Sachverständige, die sich in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten, per Video vernommen werden könnten. Dies verstößt gegen das (aus guten Gründen) in der Strafprozessordnung verankerte Mündlichkeits- und Unmittelbarkeitsprinzip. Gerade die Körpersprache, die in einem Prozess eine große Rolle spielt, wird durch die Videoübertragung nicht umfassend gewährleistet. Zumindest ist der Eindruck, den sich ein Richter oder eine Richterin von einer physisch anwesenden Verfahrensbeteiligten im Prozess verschaffen kann, von größerer Qualität.