Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Straßenverkehrsrecht steht schon lange in der Kritik, weil es einseitig auf den motorisierten Straßenverkehr ausgerichtet ist. Das Ziel des Straßenverkehrsgesetzes ist primär die Leichtigkeit des Verkehrs. Autos sollen rollen. Selbst Verkehrssicherheit, die als weiteres Ziel aufgeführt wird, hat nur eine nachgeordnete Rolle, da sie nicht präventiv sichergestellt werden darf. Es ist völlig absurd, dass erst Unfälle oder gar Unfälle mit tödlichen Folgen passieren müssen, bevor zum Beispiel Barrieren zur Sicherheit installiert werden.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der AfD: Aha!)
Es ist also völlig richtig, das Gesetz zu ändern; ja, es wäre sogar notwendig, einen wirklichen Paradigmenwechsel zu vollziehen. Trotz einiger Verbesserungen – das räume ich ein – ist der Gesetzentwurf daran gemessen eine Enttäuschung.
(Beifall bei der LINKEN – Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen nichts einräumen!)
Sie führen zwar neue Ziele ein, aber nach wie vor sind Verkehrssicherheit, Umwelt- und Klimaschutz oder städtebauliche Entwicklungen nicht gleichberechtigt, Frau Michaelsen.
(Swantje Henrike Michaelsen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)
Bei jeder Verordnung muss nach wie vor das Ziel der Leichtigkeit des Straßenverkehrs beachtet werden. Andersherum ist das aber nicht der Fall. Die anderen Ziele müssen bei Verordnungen, die der Leichtigkeit des Straßenverkehrs dienen, nicht beachtet werden. Dabei müsste doch gerade der Schutz von Fußgängern und Fahrradfahrern gestärkt werden, bevor etwas passiert ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb beantragen wir, den gesetzlichen Schutz vor Verkehrsunfällen zu verstärken. Wir verstehen nicht, dass die Vision Zero nicht aufgenommen wurde, obwohl es die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesrat vorgeschlagen haben. Das Ziel, dass es im Verkehr keine Toten und Verletzten gibt, muss doch selbstverständlich ins Gesetz.
(Beifall bei der LINKEN)
Tempo 30 oder eine gerechte Aufteilung der Verkehrsfläche zwischen Autos, Fahrrädern und Fußgängern wird längst von einer Mehrheit in den Städten und Kommunen getragen. Das gilt auch für die Anordnung neuer Fahrradwege oder für die Parkraumbewirtschaftung. Dass die Kompetenz der Kommunen bei diesen Maßnahmen immer noch beschränkt wird und aufwendige Einzelfallbegründungen notwendig sind, ist absurd, aber bei einem Verkehrsminister, der Tempo 50 innerorts in den Stand einer grundgesetzlichen Regelung erhebt, nicht weiter verwunderlich.
Wir halten es für völlig richtig, dass die Kommunen bei der Festlegung der Parkraumgebühren soziale und ökologische Kriterien anwenden können. Wer sich einen 450-PS-SUV für 80 000 Euro kauft, kann auch höhere Gebühren bezahlen als die Krankenpflegerin mit ihrem Kleinwagen.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Florian Müller [CDU/CSU])
Eine Klarstellung im Gesetz wäre überfällig, damit die Kommunen Rechtssicherheit bekommen.
Dem Gesetz können wir nicht zustimmen, außer, Sie würden unsere hervorragenden Änderungsanträge annehmen.
(Beifall bei der LINKEN – Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Das geht nicht!)