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Verbraucherverbandsklage: Nein zu unsozialem Gesetzentwurf

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir als Linke wollen die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern stärken. Deshalb begrüßen wir die neu eingeführte Abhilfeklage, weil sich hierdurch die Rechtssituation für viele verbessert.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Linda Heitmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

So sind der weite Anwendungsbereich, die Aufnahme von kleinen Unternehmen in den Schutzbereich sowie die Kostenbegrenzung für die klagenden Verbraucherverbände sehr erfreulich.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Hauptziele einer effektiven Verbraucherverbandsklage verfehlen Sie aber weitestgehend – und das, obwohl die EU den Mitgliedstaaten einen weiten nationalen Umsetzungsspielraum gelassen hat. Umso bedauerlicher ist es, dass Sie diesen leider nicht ausgeschöpft haben. Stattdessen verschärfen Sie die soziale Schieflage, indem Sie bestimmte Teile der Bevölkerung ausgrenzen. Als Juristin sage ich Ihnen: Ihr Entwurf wird vor allem denjenigen zugutekommen, die sich das Klagen leisten können oder die komplizierten Verfahren verstehen. Besonders schutzbedürftige Verbraucher/-innen wie Seniorinnen und Senioren, Menschen, die vielleicht keinen Schulabschluss haben, oder Menschen mit internationalem Hintergrund werden hiervon kaum profitieren.

Deshalb fordern wir mit unserem Entschließungsantrag unter anderem die Einführung eines Opt-out-Verfahrens. Nehmen wir uns ein Beispiel an den Niederlanden! Dort existiert dieses Verfahren seit mehr als zwei Jahren und wird sowohl von den dortigen Unternehmen als auch von den Verbraucherinnen und Verbrauchern sehr gut angenommen. Bei einem Opt-out-Verfahren wird auf eine aktive Anmeldung in einem Klageregister gänzlich verzichtet. Damit kann man erhebliche Hürden abschaffen und mehr betroffene Verbraucher/-innen erreichen. Das würde insgesamt auch mehr Druck auf Unternehmen ausüben, sich gesetzestreu zu verhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Aus unserer Sicht sind zehn Einzelfälle für die Zulässigkeit völlig ausreichend.

Daneben sollte der Gewinnabschöpfungsanspruch in eine verschuldensunabhängige Norm umgewandelt werden.

Schließlich sprechen wir uns für die Einrichtung eines zweckgebundenen Sondervermögens aus, damit rechtswidrig erzielte Gewinne der Unternehmen den unterfinanzierten Verbraucherverbänden zur Verfügung gestellt werden können, um ihre Klagen zu bezahlen.

Aus diesen Gründen können wir uns bei Ihrem Gesetzentwurf leider nur enthalten.

Damit komme ich zum Schluss meiner Rede zu Verbandsklagen und zum Verbraucherschutz. Aber erlauben Sie mir vor der Sommerpause noch einen Satz zur Entwicklung von Menschenrechten vor dem Hintergrund, welches Spektakel wir hier in den letzten zwei Tagen im Plenum gehabt haben. Wir sehen in den letzten Jahren massive Entrechtung und Angriffe auf hart erkämpfte demokratische Prinzipien und Grundrechte, neue Polizeigesetze, die es erlauben, Menschen präventiv in Haft zu nehmen. Oder, ganz neu: das GEAS, das faktisch das individuelle Recht auf Asyl abschaffen wird. Gleichzeitig reißt der Sparkurs der Regierung den Ärmsten in diesem Land die Füße weg. Wir stehen doch in Anbetracht des Klimawandels vor nicht weniger als einer sozialen Neuorganisation unseres Zusammenlebens. Das kann entweder im Faschismus und einer postapokalyptischen Hölle

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Geht es auch eine Nummer kleiner?)

oder in einem guten Leben für alle enden, indem wir im Einklang mit der Natur friedlich zusammenleben. Dafür sollten wir streiten.

(Marianne Schieder [SPD]: Geht’s noch?)

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)