Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass der Etat im Bereich Umwelt und Naturschutz erhöht wurde. Es gibt auch einige gute Vorhaben, zum Beispiel „Reparieren statt Wegwerfen“, mehr Recycling. Das ist sehr vernünftig.
In anderen Bereichen sieht es aber leider düster aus, zum Beispiel beim Verbraucherschutz. Hier gibt es immer noch viel zu wenig Mittel, und das geht so nicht, Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN)
Verbraucherinnen und Verbraucher sind zunehmend mit unlauteren Geschäftspraktiken konfrontiert. Der Wust an Informationen wird immer größer. Kaum einer blickt da noch durch, gerade im Internet. Ständig soll man Cookies, Datentracking, seitenweise Allgemeine Geschäftsbedingungen akzeptieren. Was man da akzeptiert, versteht fast niemand. Und Unternehmen nutzen das immer wieder aus, um die Leute über den Tisch zu ziehen. Verbraucherinformationen müssen kurz, allgemein verständlich und leicht zugänglich sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber das Gegenteil ist leider die Regel. Die Ampel glaubt ernsthaft, diesem wachsenden Problem mit gerade mal 100 000 Euro mehr für Verbraucherforschung Einhalt gebieten zu können. Wie soll das denn gehen?
(Michael Thews [SPD]: Da kommt noch mehr, keine Angst!)
Klar ist doch: Nur wenn alle ihre Rechte kennen, gibt es überhaupt die Chance auf ein faires Gleichgewicht zwischen Verbraucher- und Unternehmensinteressen. Genau das muss doch das Ziel sein, Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN)
Seine Rechte zu kennen, ist das eine, sie durchzusetzen, ist das andere. Dazu braucht man gute Beratung und starke Partner, zum Beispiel die Verbraucherzentralen. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prüfen Strom- und Heizkostenabrechnungen, decken unlautere Geschäftspraktiken auf, beraten und begleiten die Verbraucher in allen Belangen. Sie leisten hervorragende Arbeit. Ich frage mich: Warum machen Sie es diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach wie vor so schwer, ihre wichtige Aufgabe zu erfüllen? Warum statten Sie die Verbraucherzentrale nicht endlich mit den nötigen Mitteln aus? Das muss doch endlich passieren; denn der Bedarf ist riesig.
Allein im Energiebereich: Die Beschwerden zu Stromrechnungen haben sich in diesem Jahr verdreifacht. Zu Gasversorgern gab es in diesem Jahr sogar siebenmal mehr Beschwerden. Denn ja, es gibt Energieanbieter, die sich mit unlauteren Methoden an der Krise weiter bereichern wollen. Da werden unrechtmäßige Kündigungen ausgesprochen, die Kunden werden in teure Neuverträge gequatscht oder genötigt, oder man schlägt einfach direkt mal noch einen Zuschlag auf die ohnehin schon viel zu hohen Preise drauf. Damit Menschen davor geschützt werden, braucht es mehr Personal in den Verbraucherzentralen. So ist es nun mal.
(Beifall bei der LINKEN)
Ihre Antwort ist: Gerade mal 2 Millionen Euro mehr als vor der Energiekrise bekommt die Verbraucherzentrale Bundesverband. Das Doppelte wäre nötig. Die Verbraucherzentrale fordert das zu Recht. Und was sie hier fordert, ist übrigens gerade mal so viel, wie ein halber Leopard-2-Panzer kostet, nur mal so zum Vergleich.
Man könnte den Eindruck gewinnen, Sie wollen gar nicht, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher zu ihrem Recht kommen.
(Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind Unterstellungen! Das stimmt nicht!)
Auch hier habe ich ein Beispiel: Im nächsten Jahr kommt endlich die Verbraucherverbandsklage. Sie wird es Verbänden ermöglichen, stellvertretend für eine Vielzahl von Geschädigten Klagen zu führen, und die Geschädigten werden dann auch direkt entschädigt. Wenn jetzt zum Beispiel die Verbraucherzentrale gegen eine Bank klagt, die überhöhte Kontogebühren erhoben hat, dann muss die Bank nach einem entsprechenden Urteil die zu hohen Gebühren direkt an die Kunden zurückzahlen. Sie wissen ganz genau, dass diese wirklich sinnvolle neue Klagemöglichkeit, die richtig viel bringen könnte, bloß ein Papiertiger bleibt, wenn die Verbraucherzentralen nicht genug Leute haben, um diese Klagen auch führen zu können. So bleibt eben Betrug und Abzocke weiterhin Tür und Tor geöffnet. Das geht so nicht, Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN)
Was auch nicht geht, ist, dass Sie die vielen Menschen weiter im Regen stehen lassen, denen jetzt aufgrund der heute so hohen Lebenshaltungskosten Überschuldung droht. Sie sind nicht mal bereit, hier das Mindeste zu tun, was notwendig wäre, nämlich das Recht auf kompetente und schnelle Schuldnerberatung zu realisieren.
(Judith Skudelny [FDP]: Ist das nicht Ländersache?)
Die Schuldnerberatungsstellen sind weiter unterfinanziert und deshalb überlastet. Wer da Auskunft möchte, muss oft monatelang auf einen Termin warten. Oft ist es dann zu spät. Das geht so nicht.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf der Abg. Judith Skudelny [FDP])
– Frau Kollegin Skudelny, es ist leider so.
Wir wissen, dass eine Welle von Überschuldungen auf uns zurollt. Experten rechnen damit, dass in 2023 fast jeder fünfte Haushalt Zahlungsschwierigkeiten haben wird – jeder fünfte Haushalt! Wir als Linke haben ausgerechnet, was es für eine flächendeckende, kostenlose und schnelle Schuldnerberatung bräuchte. Es bräuchte 25 Millionen Euro. Aber Sie erhöhen den Etat gerade mal um einen halben Leopard-2-Panzer, nämlich um 2 Millionen Euro. Kolleginnen und Kollegen, das reicht nicht; das sind Tropfen auf heiße Steine. Das ist eine Frechheit!
(Beifall bei der LINKEN)
Vor diesem Hintergrund – auch das möchte ich noch sagen – finde ich es wirklich unerträglich, dass Sie unseren Antrag zum Verbot von Strom- und Gassperren abgelehnt haben. Es droht Hunderttausenden Haushalten in diesem Winter eine kalte Zeit und Dunkelheit in der Wohnung. Ich werde nicht müde, das hier zu sagen: Es ist ihre Pflicht, das zu verhindern.
(Beifall bei der LINKEN)
Es reicht eben nicht, sich immer nur hinzustellen und „You’ll never walk alone“ zu sagen; man muss auch danach handeln. Das wäre wirklich das Allermindeste. Verbieten Sie Strom- und Gassperren!
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)