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»Sichere Herkunftsländer« begründen Zwei-Klassen-Asylsystem

von Clara Bünger,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Es vergeht keine Woche, ohne dass wir hier über Asylrechtsverschärfungen debattieren. Von der AfD sind wir das ja schon gewohnt.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Jetzt kommt die Schallplatte wieder!)

Aber dass die Union jetzt immer häufiger auf den Zug der menschenfeindlichen Politik aufspringt,

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Wir wollen das Asylrecht verbessern, nicht verschlimmern!)

in der Hoffnung, dadurch Stimmen zu fangen, ist wirklich abstoßend.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Detlef Seif [CDU/CSU]: Sie sind abstoßend!)

Sie von der Union sind damit für den Rechtsruck in diesem Land mitverantwortlich. Und am Ende wird es Ihnen gar nichts bringen; denn die Menschen wählen das Original.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jochen Haug [AfD]: Genau!)

Worum geht es konkret? Die Union schlägt vor, Moldau und Georgien als sichere Herkunftsländer einzustufen. Ich sage Ihnen, warum ich das für falsch halte. Für Asylsuchende aus Moldau und Georgien bedeutet die Einstufung ihres Herkunftslandes als sicher, dass sie hier länger in menschenunwürdigen Aufnahmeeinrichtungen bleiben müssen, nicht arbeiten dürfen, der Residenzpflicht unterliegen.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Ja, die meisten müssen zurück!)

Zudem lehnt das BAMF ihre Asylanträge meist als offensichtlich unbegründet ab. Die Folge: Die Klagefrist verkürzt sich auf eine Woche, und die Asylsuchenden können abgeschoben werden, obwohl noch nicht über die Klage entschieden wurde. Die Einstufung von Ländern als sicher ist also vor allem eins: ein Instrument der Entrechtung.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)

Noch dazu ist Ihr Gesetzentwurf schlecht gemacht. Die Union sagt kein einziges Wort zu den Verhältnissen in Moldau und Georgien. Stattdessen beruft sie sich darauf, dass Bundeskanzler Scholz die Einstufung beim Flüchtlingsgipfel selbst vorgeschlagen hat. Ja, wenn der Kanzler etwas sagt, muss es ja richtig sein. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist auch eine Missachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Kennen Sie dessen Ausführungen zur Einstufung von sicheren Herkunftsstaaten nicht, oder übergehen Sie diese bewusst? Ich rufe mal in Erinnerung: Mit der Einstufung übernimmt der Gesetzgeber einen Teil der Asylprüfung. Deshalb muss er die Lage in den jeweiligen Ländern aufgrund aktueller Informationen sorgfältig aufklären und begründen, warum dies die staatliche Vermutung zulässt, dass es dort keine regelmäßige Verfolgung gibt.

Nichts davon findet sich in Ihrem Gesetzentwurf.

(Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Doch!)

Wenn Sie sich damit auseinandergesetzt hätten, hätten Sie feststellen können, dass Roma in Moldau diskriminiert und verfolgt werden und dass Georgien zum Beispiel für queere Menschen alles andere als sicher ist.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen keine neuen Asylrechtsverschärfungen nach Ihrer Räson, sondern eine Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten Verbesserungen für Geflüchtete.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)