Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte mir ja gewünscht, Herr Bundeskanzler, dass Sie, weil es ja die letzte Regierungserklärung vor der Sommerpause ist, auch eine kleine Bemerkung zur Situation im Lande gemacht hätten.
(Beifall bei der LINKEN)
Denn ehrlich gesagt: Ich bin nicht so sicher, ob je eine Bundesregierung so viel Unzufriedenheit entfacht hat wie Ihre, Herr Bundeskanzler.
Ich meine, die Zahlen sind ja inzwischen auch eindeutig: Nach der OECD-Prognose liegen wir beim Wachstum auf dem letzten Platz; das muss man sich mal überlegen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, genau!)
Ich will mal Ihren Wirtschaftsminister – er ist ja heute nicht da – zitieren. Der hat am Sonntag in der ARD so wunderschön gesagt: „Ich bin auch nicht zufrieden mit der Bundesregierung.“ Wenn er in dem Moment aufgehört hätte, wäre das super gewesen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dann hätte er die Stimmung im Land getroffen. Aber er hat leider noch einen Satz hinzugefügt: „Die Leistungsbilanz ... ist groß.“ Ehrlich gesagt, meine Damen und Herren, das ist doch völlig absurd. Ihre Bilanz ist nicht groß, die ist mies, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Inflation, Migration, Klima, Kindergrundsicherung, Leistungsverweigerung statt Leistung – das ist die Wahrheit.
Dass das nicht Ihre Sicht der Dinge ist, das habe ich verstanden. Deswegen haben Sie sich ja auch 3 000 Euro Inflationsausgleich gegönnt.
(Zuruf von der LINKEN: Unglaublich!)
Müllwerker, Krankenschwestern, Polizistinnen und Polizisten, die haben dafür gestritten, und die haben, ehrlich gesagt, den Bonus auch verdient, um die Inflation ein Stück weit auszugleichen. Aber Sie haben die Aufgabe, die Inflation zu bekämpfen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein Inflationsausgleich für Inflationsminister, das ist schlicht unanständig, meine Damen und Herren. Deswegen fordere ich Sie auf: Verzichten Sie als ganzes Kabinett darauf, damit Sie dem Ansehen der Politik nicht weiter Schaden zufügen! Das Mindeste ist allerdings, das Geld zu spenden, meine Damen und Herren.
Zahlreiche afrikanische Staatschefs haben in Kiew und in Moskau gerade Gespräche mit Herrn Selenskyj und mit Herrn Putin geführt. Ihre Botschaft war klar: Die Welt – insbesondere natürlich die Staaten Afrikas – leidet unter den Folgen dieses verheerenden Krieges. Dass dieser Krieg enden muss, und das möglichst schnell, darüber gibt es hoffentlich Einigkeit hier im Hause. Ich halte es allerdings für einen schweren Fehler, dass von Ihnen null Komma null Unterstützung für diese Initiative kommt. Dröhnendes Schweigen!
(Beifall bei der LINKEN)
Auch heute kein Wort dazu, übrigens auch nicht von Herrn Merz. Südamerika, China, Afrika: Alle legen Initiativen vor. Und Europa? Nicht.
Um es noch mal klar für meine Fraktion zu sagen, damit es kein Missverständnis gibt: Der Aggressor heißt Wladimir Putin. Er hat diesen völkerrechtswidrigen Krieg begonnen. Er bringt so unsagbar viel Leid für Ukrainerinnen und Ukrainer, aber auch für Russinnen und Russen. Aber Herr Bundeskanzler, mit der Position „keine Verhandlung, bis der letzte Russe abgezogen ist“ – egal wie man diese Position bewertet –, mit diesem Ansatz droht der Krieg noch Jahre zu dauern mit Zehntausenden weiteren Toten und mit unkalkulierbaren Risiken. Zu diesem Herangehen passt das Zitat von Erich Maria Remarque:
"Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, daß es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hineingehen müssen."
Deswegen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler – ich wiederhole; der Europäische Rat ist eine wunderbare Gelegenheit –: Legen Sie eine europäisch abgestimmte Friedensinitiative vor!
(Beifall bei der LINKEN)
Die Folgen des Krieges sind für die Welt nicht tragbar. „Friedensinitiative“ darf kein Tabuwort sein – und das gerade heute. Ich will daran erinnern: Heute ist der 82. Jahrestag des Überfalls Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion. Auch das muss mindestens mal gesagt werden an einem solchen Tag, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich will noch auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen. Sie haben im Zusammenhang mit der Migration irgendwie das Wort „gerecht“ verwendet. Ich kann nur sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD, Grünen und FDP: Wie hätten Sie sich aufgeregt – zu Recht –, wenn Horst Seehofer einen Asylkompromiss abgeliefert und verteidigt hätte, mit dem Kinder in den Lagern an der europäischen Außengrenze eingesperrt werden!
(Beifall bei der LINKEN)
Ich höre ja auch Ihre Unzufriedenheit, selbst von der Innenministerin. Und dann höre ich „Bauchschmerzen“ und „Das ist alles grausam“. Aber ehrlich gesagt: Es geht nicht um Sie, es geht um die Menschen, um die Menschen, die auf der Flucht sind. Die haben ein Problem, und übrigens auch die Menschen hierzulande. Und beiden Gruppen haben Sie aktuell viel zu wenig anzubieten. Von Ihren Bauchschmerzen endet kein Waffenexport, und davon endet auch kein Krieg, meine Damen und Herren. Zerrissene Herzen schaffen keinen Kitaplatz und nichts.
Deswegen: Am Ende des Tages sind die Kommunen nämlich die Lastenesel Ihrer Politik. Ob bei Krieg, bei Klima oder Migration: Ihre Politik zieht aktuell das Land wie Blei nach unten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)