Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die investigative Recherche der Journalisten Schröm und Hollenstein, die heute Gegenstand der Aktuellen Stunde ist, belegt eins: Es gab und es gibt Filz zwischen Industriellen, zwischen Bankiers und der Politik in der Freien und Hansestadt Hamburg. Zur Wahrheit gehört auch – Herr Middelberg, das kann ich Ihnen nicht ersparen –, dass Sie als CDU in der Zeit von Ole von Beust Spendenzahlungen aus der Warburg Bank erhalten haben; das nur mal zur Vollständigkeit.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber ich komme jetzt zu den Sozialdemokraten, die auf dem Höhepunkt der Steueraffäre aus dem weit verzweigten Konzernbereich von Christian Olearius und Max Warburg mal mehrere 10 000 Euro an die Kasse überwiesen bekommen haben. Ich will an dieser Stelle gar nicht auf die von der Staatsanwaltschaft im Bankschließfach von Johannes Kahrs gefundenen 214 000 Euro Bargeld eingehen. Zusammenhänge? Ist das Zufall? Wir werden sehen.
Was das für undurchsichtige Cum-ex-Geschäfte sind, hat mein damaliger Kollege Fabio De Masi hier im Parlament mal ganz zutreffend auf den Punkt gebracht: Ich gehe in den Supermarkt, gebe eine Bierflasche ab, nehme einen Pfandbon, lege ihn auf den Kopierer und lasse mir und meinen Freunden diesen Bon dann ganz häufig an der Kasse ausbezahlen – mit dem Unterschied, dass die Supermarktkasse das Finanzamt ist und dass es bei Cum-ex nicht um Flaschenpfand geht, sondern um Milliarden.
Im Ergebnis: der größte Steuerbetrug in der Nachkriegsgeschichte. Mit diesen dubiosen Finanzgeschäften haben Banken und Großinvestoren den deutschen Staat um sage und schreibe 35,9 Milliarden Euro betrogen. Mit diesem Geld könnte man zum Beispiel in diesem Winter für jeden privaten Haushalt die Gasrechnung übernehmen.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, im Fall der Privatbank Warburg geht es aber um mehrere 100 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft Köln beschuldigt Herrn Olearius der Steuerhinterziehung. Mittlerweile sind die Urteile über ehemalige Mitarbeiter der Bank gefällt: Sie müssen hinter Gitter, und die Warburg Bank musste 176 Millionen an die Staatskasse zurückführen – auch die 47 Millionen Euro, auf die die Hansestadt Hamburg kurioserweise verzichten wollte und die heute aus meiner Sicht nach wie vor einen Schatten auf den damaligen Ersten Bürgermeister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz werfen. Deshalb erwarten nicht nur das Parlament und meine Fraktion, sondern auch die Menschen draußen, dass hier endlich Tacheles geredet wird und vor allem reiner Tisch gemacht wird.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Umfragen zufolge wollen fast 80 Prozent der Menschen, dass sich der Bundeskanzler ausführlich zu diesen Cum-ex-Geschäften äußert, und, Herr Schrodi, 70 Prozent kaufen ihm auch seine Erinnerungslücken nicht ab.
(Michael Schrodi [SPD]: Wenn Sie so einen Quatsch erzählen!)
Im Übrigen, so glaube ich, hat er sich wirklich in Widersprüche verheddert.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: So ist es!)
Und die neueste Buchveröffentlichung „Die Akte Scholz“ gibt einige davon zum Besten.
(Michael Schrodi [SPD]: Nichts Neues! Nur alter Wein in noch älteren Schläuchen!)
Einer dieser Widersprüche ist, dass er im Herbst 2020 in diesem Hause sagte, er könne sich nicht vorstellen, wie zu irgendeiner Zeit irgendjemand, der diese Geschäfte verstanden und mit ihnen zu tun gehabt habe, tatsächlich annehmen konnte, dass er etwas Legales tue. Und dennoch traf er sich dreimal mit Christian Olearius, wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, als dieser bereits Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren war und die Razzia in der Warburg Bank stattgefunden hatte.
Ein anderer Widerspruch ist, dass Olaf Scholz als Erster Bürgermeister dem Herrn Olearius empfohlen hat, das Verteidigungsschreiben der Warburg Bank – obwohl dies schon in der Steuerverwaltung lag – von oben über den Finanzsenator Tschentscher politisch einzuspielen, was dann auch noch mit einer Abzeichnung passierte. Das Ergebnis ist bekannt. Dass das keine Sonderbehandlung ist, können die Menschen draußen sicherlich nicht verstehen. Ich sage Ihnen: Als ehemaliger Finanzminister kann ich so etwas auch nicht verstehen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren der SPD, sorgen Sie dafür, dass sich Ihr Bundeskanzler erinnert, dass er sich ehrlich macht, und sorgen Sie vor allen Dingen dafür, dass er sich der Befragung im Finanzausschuss endlich stellt.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Er wäre nach der Veröffentlichung des Buches „Die Akte Scholz“, glaube ich, damit ganz gut beraten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)