Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Gastronomiebranche gehörte zu den Wirtschaftszweigen, die durch die Auswirkungen der Coronapandemie besonders betroffen waren und die es zum Teil auch noch heute sind. Trotz unterschiedlicher Hilfen bewegen sich viele Betriebe noch immer auf sehr dünnem Eis, auch weil aktuell die politische Lage alles andere als positiv ist.
Als die Senkung der Mehrwertsteuer vereinbart wurde, waren wir als Linksfraktion eher skeptisch – vor allen Dingen, was die Wirksamkeit angeht. Aber die Senkung von 19 auf 7 Prozent gab den Gastronomen etwas Spielraum bei der Bewältigung der Kostensteigerungen und bei Nachfragerückgängen.
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn dieser Vorteil jetzt ausläuft, hat das zwei Folgen:
Erstens. Die Preise für die Endverbraucher gehen eins zu eins hoch. Damit wird es zu einem Nachfragerückgang kommen und damit auch zu Verlusten bei den Einnahmen.
Zweitens. Auch die Steuerkassen haben nichts davon, da der prozentuale Steuersatz zwar ansteigt, aber das Volumen der Steuereinnahmen insgesamt nicht ansteigen wird, wenn es nicht sogar zurückgeht.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig! Genau!)
Also, niemand hat etwas davon, weder die Gäste noch die Gastwirte noch die Finanzämter. Also lassen wir es!
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn etwas so offensichtlich ist, dann muss man, auch wenn es mir als Linkem schwerfällt, auch mal einem Antrag der CDU/CSU zustimmen. Es ist dann einfach so.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Tut gar nicht weh!)
– Es tut nicht weh; das stimmt.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber, liebe Union, ein Risiko hat Ihre Gesetzesinitiative. Da hängt nämlich noch ein Entschließungsantrag dran, der zwar nach unserer Geschäftsordnung wegfällt, wenn der Gesetzentwurf keine Mehrheit findet; aber Sie wollen ja Mehrheiten.
Sie formulieren da drei Forderungen: a) die Entfristung des Mehrwertsteuersatzes – das ist okay –, b) Steuerentlastung bei Überstunden – auch okay.
(Michael Schrodi [SPD]: Was?)
Aber unter c) fordern Sie die Umwandlung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit pro Tag in eine Höchstarbeitszeit pro Woche.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ja! – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Genau! Ist doch richtig!)
Während heute nach maximal zehn Stunden Schluss ist, wollen Sie es ermöglichen, dass auch 14 oder 16 Stunden am Tag gearbeitet werden kann.
(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Nee! – Nina Warken [CDU/CSU]: Nee!)
Sagen Sie mal, hat eigentlich jemals irgendjemand von Ihnen in der Gastronomie, in einem Restaurant, in einer Gaststätte gearbeitet?
(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Ja! Ich! Noch Fragen? Jahrelang! – Gegenruf des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ja! Ich auch!)
– Aber wahrscheinlich keine 14 oder 16 Stunden.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: 12! – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Wir haben da noch mehr als 12 Stunden gearbeitet! Da hat kein Mensch danach gefragt!)
Man kann nämlich – das kann ich aus eigener Erfahrung sagen – hier im Deutschen Bundestag problemlos donnerstags von 9 bis nachts um 12 Uhr rumdödeln. Aber machen Sie das bitte schön mal in einer Gaststätte oder in einem Restaurant. Das funktioniert nicht; da wird hart gearbeitet.
Also wenn Sie eine Chance haben wollen, Ihren Gesetzentwurf heute durchzubekommen, ziehen Sie Ihren Entschließungsantrag, der parallel dazu läuft, zurück! Er ist unsozial und ein Schlag ins Gesicht aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Danke schön. Glück auf!
(Beifall bei der LINKEN)