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BAföG endlich existenzsichernd gestalten!

Rede von Nicole Gohlke,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man muss der jetzigen Bundesregierung natürlich erst mal zugutehalten, dass sie für den Fall einer Notlage wie der Coronapandemie im BAföG eine Nothilferegelung fest verankern möchte; denn, Herr Jarzombek, wahr ist: Die letzte Bundesregierung hat das nicht gemacht, hat sich verweigert, hat das Problem verschleppt. Stattdessen kamen Sie mit dem Provisorium der sogenannten Überbrückungshilfe um die Ecke. Da traut man sich jetzt mehr. Und das ist natürlich gut so.

(Beifall bei der LINKEN – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Das passiert doch jetzt genauso! – Katrin Staffler [CDU/CSU]: Die Überbrückungshilfe haben sie wenigstens bekommen!)

– Ja, das stimmt.

Aber was jetzt als Gesetzentwurf auf dem Tisch liegt, ist leider nichts Halbes und nichts Ganzes. Es wirkt im Ganzen eher wie eine Verschlimmbesserung der Überbrückungshilfe, und das, was dort schon fest geregelt war, wirft man jetzt wieder über Bord. Das verstehe ich natürlich nicht.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Kritik verstehe ich jetzt auch nicht!)

Es wirkt im Ganzen leider auch ein Stück weit wie die Fortsetzung der Politik des Bildungsministeriums, die Nöte und Lebensrealitäten von jungen Menschen nicht sonderlich ernst zu nehmen. Das ist, ehrlich gesagt, natürlich nicht sonderlich gut; denn es verspielt weiter Vertrauen in die Politik, und das kann man sich nicht erlauben, auch nicht bei der jungen Generation.

(Beifall bei der LINKEN – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Ramelow macht bestimmt eine Bundesratsinitiative!)

Der Entwurf der Bundesregierung regelt wenig konkret; er lässt eigentlich alles Wesentliche offen. Die Bundesregierung kann einiges machen, muss aber nicht. Das erfährt man dann erst, wenn die Katastrophe schon eingetreten ist. Und es ist nicht wahr, dass so ein Verfahren besonders viel Planungssicherheit herbeiführt. Vielmehr fangen Sie erst dann an, zu definieren, wer eigentlich was bekommt. Sie hätten aber bereits jetzt zusichern können, dass für die Dauer einer bundesweiten Notlage die Altersgrenzen, die Regelstudienzeit, der Nachweis über das Vollzeitstudium oder das Erbringen von Leistungsnachweisen ausgesetzt werden. Warum tun Sie das nicht einfach? Das würde Verlässlichkeit schaffen. Das würde Rechtssicherheit schaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Warum öffnen Sie die Nothilfe nicht für alle Studierenden, wie es auch das Deutsche Studentenwerk fordert? Ich meine, das ist wirklich ein Schlag ins Gesicht der vielen internationalen Studierenden, die Sie mit dieser Regelung außen vor und damit auch im Regen stehen lassen. Eine Notfalllage in Deutschland macht um diese Menschen keinen Bogen. Es ist absurd, dass Sie das so regeln; das müssen Sie den Betroffenen wirklich erst mal erklären.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Ablauf dieses Notfallmechanismus. Sie schlagen ein sehr umfangreiches und zeitfressendes Verfahren vor, das abgespult werden muss, bevor die Betroffenen überhaupt einen einzigen Cent sehen. Das liegt daran, dass man dann erst anfängt, zu definieren, wer eigentlich was bekommt. Das geht an den tatsächlichen Realitäten einer Not- und Katastrophenlage ziemlich vorbei.

Mein letzter Punkt. Warum setzen Sie wieder, zumindest nach sechs Monaten, auf diese unsoziale Form des Darlehens und treiben damit junge Menschen in die Verschuldung? Das ist unverantwortlich. Es ist tatsächlich so, dass schlimmstenfalls sogar minderjährige Schülerinnen und Schüler und Azubis nur mit Darlehen unterstützt werden und schon in diesem Alter in der Schuldenfalle landen. Das ist völlig unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Kolleginnen und Kollegen, Sie vergeben die Chance, einen Notfallmechanismus im BAföG wirklich passgenau und verbindlich zu gestalten. Wie das gehen kann, hat Die Linke in ihrem Entschließungsantrag vorgelegt. Insbesondere mit Blick auf aktuelle und weitere Notlagen fordern wir: Gestalten Sie das BAföG endlich existenzsichernd! Weiten Sie den Kreis substanziell aus! Das wäre die beste Grundlage auch in Notlagen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)