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Menschen entlasten - Preise deckeln - Übergewinne besteuern

Rede von Janine Wissler,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich den Antrag der Unionsfraktion anschaut, dann reibt man sich schon verwundert die Augen, was Sie darin so alles fordern: Preisdeckel, staatliche Eingriffe in den Strommarkt, Verstaatlichung von kritischer Infrastruktur –

(Enrico Komning [AfD]: Hätte von Ihnen kommen können!)

Maßnahmen, die Sie bis vor Kurzem noch als sozialistisches Teufelszeug gegeißelt hätten. Offenbar merken auch Sie, Herr Merz: Der Markt regelt es eben nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ja, die aktuelle Energiekrise ist eine Folge verfehlter Energiepolitik. Die Energiewende wurde verschleppt. Und gerade Sie von der Union haben vor Ort oft gegen jedes neue Windrad gekämpft. Sehenden Auges wurde dadurch die Abhängigkeit von fossilen Energien und Energieimporten gefestigt. Wir könnten längst bei 100 Prozent Erneuerbaren sein, zumindest im Strombereich. Dann hätten wir diese fatale Abhängigkeit nicht, und wir wären beim Klimaschutz deutlich weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, die Inflation verschärft die Spaltung zwischen oben und unten. Sie stürzt viele Menschen und viele Unternehmen in Existenznöte. Zu Recht gibt es deshalb Proteste, die ja auch erste Wirkung zeigen. Immerhin bekommen jetzt auch Rentner und Studierende Hilfe. Aber die Einmalzahlungen verpuffen angesichts der dauerhaft hohen Preise für Lebensmittel und Energie. Wir schlagen deshalb für niedrige und mittlere Einkommen ein monatliches Inflationsgeld von mindestens 125 Euro vor und eine sofortige und deutliche Erhöhung der Hartz‑IV-Regelsätze; das ist dringend notwendig.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber auch das wird nicht reichen, um die explodierenden Gaspreise auszugleichen. Dafür brauchen wir einen Gaspreisdeckel. Viele Menschen bekommen in diesen Tagen Briefe von ihren Gasversorgern und erfahren, dass sich ihre Abschlagszahlungen verdreifacht bis verzehnfacht haben. Familien und Rentner sollen dreistellige oder gar vierstellige Beträge für Gas zahlen, und zwar monatlich. Das kann man durch direkte Hilfen überhaupt nicht ausgleichen. Dafür muss man die Spekulation bekämpfen, in den Strommarkt eingreifen und einen Preisdeckel einführen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Spanien, Portugal, Belgien, Großbritannien und andere Länder tun das. In Frankreich dürfen die Energiepreise nur um 4 Prozent steigen. Wir fordern ein kostengünstiges Grundkontingent für Strom und Gas sowie ein gesetzliches Verbot von Strom- und Gassperren, damit niemand in diesem Land im Winter frieren muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Und: Hoher Verbrauch muss im Gegenzug deutlich teurer werden.

Mit der Gasumlage wollen Sie die Kosten der Gaskrise auf die Verbraucher abwälzen, die zufälligerweise mit Gas heizen, worauf Mieterinnen und Mieter überhaupt keinen Einfluss haben. Sie haben ja selber gemerkt, dass das Quatsch ist, aber Sie haben den nächsten Quatsch gleich hinterher beschlossen, nämlich die Senkung der Mehrwertsteuer für alle Gaskunden. Das ist zwar teuer, gleicht aber die Mehrkosten bei vielen, die alte Verträge haben, überhaupt nicht aus. Die Gasumlage, meine Damen und Herren, ist Murks, sie ist falsch, und deshalb muss sie abgeschafft werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist richtig, Herr Minister Habeck, Gasversorger zu retten und in die staatliche Hand zu überführen, um einen Kollaps bei der Versorgung zu verhindern. Das muss aber aus Steuermitteln erfolgen, und das sollte auch dauerhaft sein. Denn Energieversorgung gehört als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge in die öffentliche Hand und unter demokratische Kontrolle.

(Beifall bei der LINKEN)

Wieder einmal werden Verluste sozialisiert und Gewinne privatisiert. Einige Konzerne machen Riesengewinne in dieser Krise. Deshalb brauchen wir eine Übergewinnsteuer. Die haben viele Länder eingeführt; die EU-Kommission empfiehlt das sogar. Führen Sie sie endlich ein!

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Finanzminister Lindner beklagt, dass es einsam um ihn werde beim Festhalten an der Illusion, die Schuldenbremse im nächsten Jahr noch einhalten zu können. Ja, es ist nicht einfach, wenn das eigene Weltbild auf die Realität trifft, den Kürzeren zieht und alle außer einem selbst es merken.

(Reinhard Houben [FDP]: Das sagt ausgerechnet Die Linke? Haben wir schon Karneval?)

Die Schuldenbremse muss ausgesetzt, besser noch abgeschafft werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen Investitionen in die Energiewende, den Ausbau des ÖPNV, wir brauchen Investitionen in den Klimaschutz. Das ist die Verantwortung gegenüber kommenden Generationen und nicht das Klammern an ein offensichtlich schädliches Dogma.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)