Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Klar, die Umsetzung von EU-Recht ist für Deutschland als Vollmitglied Pflicht, auch wenn es wie hier um eine Änderung im Zusammenhang mit dem Einsatz von Tierarzneimitteln geht. Die Frage ist nur, wie dies geschieht und ob dabei am Ende für die Praxis das herauskommt, was eigentlich gewollt war: eine Verbesserung der tiermedizinischen Versorgung und vor allem eine Verringerung des Antibiotikaeinsatzes.
(Beifall bei der LINKEN)
Bereits im Vorfeld der Änderung des Gesetzes kam Kritik aus der Praxis: von der Tierärzteschaft und den angeschlossenen Berufsverbänden. Tenor: Es handelt sich bei der Vorlage um ein Bürokratiemonster,
(Dieter Stier [CDU/CSU]: Das ist es!)
das die Tierärzteschaft einer erheblichen Mehrbelastung aussetzt. Warum? Mit der Änderung soll die Meldeverantwortung für Antibiotikagaben zukünftig bei den Tierärzten und nicht mehr bei den Haltern liegen. Derzeit wird die Abgabemenge von Tierarzneimitteln gemeinsam von Veterinär und Landwirt bestimmt und vom Halter gemeldet. In zehn Jahren hat sich mit dieser Praxis der Antibiotikaeinsatz um 65 Prozent reduziert, so die Tierärztekammer – ein Erfolg der Veterinäre und der Tierhalter.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
„Wieso dann diese Meldelastumkehr?“, frage ich mich, und das fragen sich auch die Betroffenen. Es muss doch in unserem Interesse als Gesetzgeber sein, die veterinärmedizinische Vollversorgung aufrechtzuerhalten; denn diese ist – wie mir Fachleute und Tierärzte in Gesprächen bestätigten – mit der Gesetzesänderung durchaus in Gefahr.
Wenn wir alle, was ich voraussetze, den Antibiotikaeinsatz in der Tiermedizin reduzieren wollen, dann müsste die Nutztierhaltung tiergerechter gemacht werden. Hier ist die Regierung nach wie vor leider noch nicht belastbar weitergekommen. Selbst in Aussicht gestellte Förderungen für den Umbau sind zurzeit nur auf eine Tierart bezogen. Fehlende Rechtssicherheit für bauliche Verbesserungen bei der Tierhaltung im Bau- und Immissionsrecht wird immer wieder beklagt. Wir hören, das wird auf den Weg gebracht, aber es ist noch nicht da. Aber daran hängt doch auch das Tierwohl, und daran hängt letztlich auch die tiermedizinische Situation. Die amtlichen und die praktizierenden Veterinäre brauchen unsere Unterstützung, um die Strategie der Reduktion von Antibiotika faktisch auch durchsetzen zu können.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Peggy Schierenbeck [SPD])
Das bringt mich zu einem weiteren Punkt. Es gibt aktuell flächendeckend zu wenig Tierärzte. Die Belastung ist sehr hoch. Die Arbeitsbedingungen und ‑zeiten sind zum Teil miserabel. Es ist sehr hohe Flexibilität gefordert. Wenn die Regierung nun sagt, dass die zuständigen Behörden gestärkt werden, dann heißt das hier im Klartext, dass sie zur Übernahme neuer, zusätzlicher Aufgaben verpflichtet werden. Diese Mehrbelastung ist nicht zu stemmen, sagen die Stimmen aus der Praxis. Überbelastung kann nicht im Sinne einer nachhaltigen Tiermedizin sein.
Deshalb hoffe ich sehr – damit spreche ich für meine Fraktion –, dass der Gesetzentwurf in der parlamentarischen Beratung inklusive der öffentlichen Anhörung am Montag wesentliche Verbesserungen erfährt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)