Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal möchte ich meinen großen Dank an alle aussprechen, die an diesem Bericht mitgewirkt haben; denn er zeigt umfassend auf, warum Kinder- und Jugendbeteiligung wichtig ist und wie sie erreicht werden kann.
Die Bundesregierung stimmt in ihrer Stellungnahme auch allem zu, macht aber exakt nichts. Ich will Sie jetzt nicht in ein falsches Licht rücken: Sie machen nicht nichts. Sie kürzen den gesamten Bereich der Kinder- und Jugendpolitik um 400 Millionen Euro. Das sind 40 Prozent. Im Kinder- und Jugendplan steht ein Minus von fast 25 Prozent. Ich weiß, Sie sagen dann sofort: Ein Großteil der Kürzungen kommt durch die Nichtverlängerung des Coronaaufholpakets zustande, das wäre zeitlich befristet. – Das ist ein Argument, aber kein gutes.
(Beifall bei der LINKEN)
Denn weder ist Corona vorbei, noch sind die Folgen ausgeglichen. Eine ganze Generation ist in den letzten Jahren abgehängt worden und hat als Ansage mitbekommen: Eure Interessen spielen für uns keine Rolle, und wenn ihr sie selbst vertreten wollt, na ja, dann viel Glück! – Da ist es fast schon symptomatisch, dass die grüne Ministerin ihre Redezeit überzieht, der FDP-Vizepräsident dann der jüngsten Abgeordneten im Bundestag die Redezeit um die Hälfte kürzt – und das in der Debatte zum Thema Jugendbeteiligung. Herzlichen Glückwunsch!
(Beifall bei der LINKEN)
Der vorliegende Bericht sagt auf 640 Seiten immer und immer und immer wieder: Kinder und Jugendliche müssen stärker beteiligt werden. Wir können uns auch neue Zahlen anschauen. Im Kinderreport des Deutschen Kinderhilfswerks von 2022 liest man – Überraschung –: 83 Prozent der Befragten sagen, dass ihre Interessen eher wenig bis gar nicht berücksichtigt werden. 83 Prozent! Das macht dann richtig Bock auf Demokratie; das haben wir gerade gehört. Trotzdem fordern über drei Viertel der Kids, dass es mehr Kinder- und Jugendparlamente gibt. Sie wollen sich einbringen, sie wollen mitbestimmen, immer noch. Deswegen stehen sie heute auf der Straße und kämpfen für ihre Zukunft. Dafür muss man echt einmal Danke sagen. Zum Glück machen sie das noch. Ich wünsche ihnen heute viel Erfolg dabei.
(Beifall bei der LINKEN)
Kinder und Jugendliche lernen Demokratie nicht darüber, dass sie die Anzahl der Abgeordneten auswendig lernen oder die Namen der Minister/-innen. Sie lernen das durch echte Beteiligungsstrukturen, in denen sie wirklich Entscheidungen treffen können: in der Schule, im Jugendklub, in Jugendhilfeeinrichtungen. Jugendliche brauchen Freiräume, um sich auszuprobieren, um auch einmal zu scheitern. Und das passiert vor Ort. Darum brauchen wir eine bessere Ausstattung in der Kinder-, Jugend- und Sozialarbeit, der Jugendhilfe, in Schulen und Kitas, damit dort Beteiligung gelebt werden kann.
Das braucht Ressourcen und Personal, und das muss langfristig ausgestattet werden. Stattdessen gibt es immer wieder kurzfristige Projekte. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: Ich war Mitarbeiterin bei einem „Demokratie leben!“-Projekt. Ein tolles Konzept! Man muss den Antrag stellen; das muss sich der Träger leisten können. Wenn Sie es dann vielleicht geschafft haben, müssen Sie Zwischenberichte schreiben. Es gibt eine hochkomplexe Version, um das abzurechnen. Dann müssen Sie das Projekt bekannt machen. Dann müssen Sie Leute anwerben. Und wenn Sie dann endlich Zeit haben, mit den Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, ist das Projekt schon wieder vorbei. Und dann sagen Sie: Hey, das können die Kommunen doch in den Regelstrukturen finanzieren. – Aber die Kommunen haben kein Geld. Ja, grandios! Da müssten Sie als Fortschrittskoalition doch einmal ran. Aber das machen Sie nicht.
(Beifall bei der LINKEN)
Ihre Politik unterscheidet sich im Bereich Kinder- und Jugendarbeit von der der GroKo doch nur dadurch, dass Sie ein paar TikTok-Accounts haben – und die sind nicht einmal gut.
(Beifall bei der LINKEN)