Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die plötzliche humanitäre Aufmerksamkeit der Union gegenüber Geflüchteten aus der Ukraine war erfreulich, aber leider nur von kurzer Dauer. Mit ihrem Antrag, den wir heute hier diskutieren, zeigt die Union, dass sie wieder zu ihrer „Das Boot ist voll“-Rhetorik zurückkehrt ist. Wir benötigen gerade dieser Tage dringend Solidarität gegenüber Menschen, die vor Krieg fliehen mussten, und keine Profilierungsversuche auf dem Rücken von Geflüchteten.
(Beifall bei der LINKEN)
Ihre Aussage, Herr Merz, zum angeblichen Sozialtourismus der ukrainischen Kriegsflüchtlinge war quasi das Startsignal. Es geht bei der Union wieder mit dem Fischen am rechten Rand los. Ohne jede Prüfung der Faktenlage verbreiten Sie, Herr Merz, diese Behauptungen aus prorussischen Kanälen. Das ist schäbig und ein Schlag ins Gesicht der Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen mussten.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nach einer halbherzigen Entschuldigung haben Sie, Herr Merz, ein paar Tage später nachgelegt. Die aktuelle Regierung, so behaupten Sie, würde Tür und Tor für eine ungeregelte Einwanderungspolitik öffnen. In die gleiche Richtung geht auch heute dieser Antrag. Er stellt es so dar, als ob in Deutschland Anreize für illegale Migration geschaffen würden. Die Behauptung, das deutsche Sozialsystem sei ein Pull-Faktor, ist nachweislich falsch. Sie ist geradezu grotesk angesichts der zahlreichen schrecklichen Kriege, die Menschen zur Flucht zwingen.
(Beifall bei der LINKEN)
Niemand, Herr Merz, verlässt freiwillig seine Heimat, um hier in Deutschland in einer Massenunterkunft zu wohnen und Leistungen zu beziehen, die unter dem Hartz-IV-Niveau liegen, und wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt zu werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber schauen wir doch mal auf die Faktenlage. Ja, die Aufnahme und die Betreuung der Geflüchteten sind eine große Herausforderung für die Kommunen. Deshalb muss die Bundesregierung Städte und Gemeinden in viel größerem Umfang unterstützen als jetzt.
(Beifall bei der LINKEN)
Tatsache ist auch, dass 1 Million Flüchtlinge aus der Ukraine Schutz in Deutschland erhalten haben. Daneben wurden dieses Jahr bislang rund 150 000 Asylanträge gestellt. 20 Prozent dieser Anträge stammen von hier geborenen Kindern, die nicht zugewandert sind. Die Asylzuwanderung, über welche Route auch immer, ist also nicht der Grund, weshalb die Unterbringungskapazitäten in einigen Regionen erschöpft sind. Das Problem liegt in der fatalen Wohnungspolitik, die ja dem Markt komplett unterworfen ist. Es kann nicht sein, dass Menschen hier gegeneinander ausgespielt werden.
Auf einen weiteren Punkt Ihres Antrages möchte ich noch eingehen. Sie sprechen auf der einen Seite von den ukrainischen Geflüchteten, denen Ihre volle Solidarität gelte, und auf der anderen Seite von Personen, die einen Asylantrag stellen. Diese Gegenüberstellung von guten und schlechten Flüchtlingen können und werden wir nicht akzeptieren. Wir lehnen die Zweiklassenflüchtlingspolitik ab.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir als Linke unterscheiden nicht, ob jemand vor den Bomben Putins fliehen muss oder vor den chemischen Waffen eines Erdogan. Wer fliehen muss, egal woher, verdient Schutz und Aufnahme. Unsere Solidarität ist hier unteilbar. Wir setzen uns für entrechtete Menschen an den europäischen Grenzen ein.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Union macht mit falschen Behauptungen erneut Stimmung gegen Geflüchtete, um wieder Wählerinnen und Wähler am rechten Rand abzugreifen. Das wird ihr aber kaum gelingen. Wer Rassisten nach dem Mund redet, macht sie nur noch stärker.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Julian Pahlke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Kathrin Vogler [DIE LINKE]: So ist das!)
Was wir heute, in diesen schwierigen Zeiten, brauchen, sind demokratische Parteien, die eine klare Kante gegen rechts zeigen, und keine Union, die in braunen Gewässern fischt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: So ein Quatsch!)