Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Carsten Schneider und Robert Habeck haben zu Recht darauf hingewiesen, dass sehr, sehr viel in den letzten 33 Jahren erreicht worden ist. Das ist doch völlig unbestritten. Es wird im Übrigen tagtäglich daran gearbeitet, sicherlich auch von den Ostbeauftragten, obwohl deren Arbeit unterschiedlicher Qualität war. Aber dass die Bundesregierung sich das nun alles anheftet!
(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat sie doch explizit nicht!)
Ich würde sagen, dass wir vor allen Dingen den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, den Landräten, den unermüdlichen Kommunalpolitikern, den Unternehmern und Gewerkschaftern heute alle ganz laut Danke sagen sollten; denn sie sind die eigentlichen Väter und Mütter des Erfolgs.
(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will aber zur Bilanz der Bundesregierung etwas sagen. Carsten Schneider hat sich sehr viel vorgenommen. Sein Büro ist jetzt im Bundeskanzleramt. Das haben wir immer gefordert; das ist wirklich ein Schritt nach vorne. Es wird sehr, sehr viel analysiert, geredet und beklagt – auch im Bericht –, aber es wird aus meiner Sicht viel zu wenig angepackt und wirklich gehandelt.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich will nur ein Beispiel aus dem Hause von Carsten Schneider nennen: Das ist der Elitenmonitor. Nun will ich über den Begriff gar nicht streiten, obwohl man das tun könnte. Aber das Ergebnis ist – oh Wunder! –: In Führungspositionen sind Ostdeutsche in der Justiz mit 2,1 Prozent vertreten, in der Wissenschaft, meine Damen und Herren, mit 4,3 Prozent. Ich meine, es ist ja gut, dass Sie das mal haben untersuchen lassen. Aber wo ist denn der Plan, dass das wirklich verändert wird? Wir können uns doch nicht 33 Jahre nach der deutschen Einheit damit abfinden.
Ich frage mal ehrlich: Warum fängt die Bundesregierung denn nicht bei sich selbst an?
(Beifall bei der LINKEN)
Sie hatten doch die Chance beim Regierungswechsel. 11 von 135 Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern stammen aus dem Osten – 11 von 135! –, und bei den verbeamteten Staatssekretären sind es 2 von 35. Na Donnerwetter! Das sind Zahlen, das sind Fakten. Ändern Sie das! Handeln Sie endlich!
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Olaf in der Beek [FDP])
Mehr Posten für den Osten – das muss das Ziel sein, meine Damen und Herren. Der Bund muss Vorreiter sein.
Natürlich geht es auch um ein Thema, das hier noch nicht behandelt worden ist: das Thema Rente. Ja, es ist auch ein Erfolg, dass nach 33 Jahren Ungerechtigkeit endlich die Rentenwerte angeglichen worden sind. Übrigens haben viele im Haus einen Verdienst daran, auch wir Linken, auch Matthias W. Birkwald.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber – jetzt kommt das große Aber, meine Damen und Herren – Renteneinheit haben wir nicht. Denn die Renten von langjährig Versicherten, die 45 Jahre gearbeitet haben, sind weiterhin sehr unterschiedlich. Im Osten liegen diese Renten 200 Euro niedriger als im Westen; das ist schlicht die Wahrheit. Und die Schere geht weiter auf – und das nach 33 Jahren deutscher Einheit.
Ich will in dem Zusammenhang etwas zu Ihrem Härtefallfonds sagen. Der sei vernünftig; darum haben auch viele hier gekämpft. Nur, was ist denn jetzt die Praxis? Die Praxis ist: Nur 3 Prozent der Betroffenen haben einen Antrag gestellt, und 80 Prozent sind abgelehnt worden. Das ist doch inakzeptabel!
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist ja gut, dass Sie das verlängert haben, aber Sie haben in den Augen der Ostdeutschen einen Frustfonds organisiert.
(Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das kritisieren wir in großer Deutlichkeit.
Auch über Löhne ist hier gesprochen worden. Ich nenne nur die ganz nackte Zahl: 13 015 Euro weniger – 13 015 Euro! –; das ist nicht irgendwas. So viel verdienen Vollzeitbeschäftigte im Osten brutto weniger als die westdeutschen Kolleginnen und Kollegen. Diese Lohnlücke ist aber nicht geschrumpft, sondern sie ist gewachsen. Lohneinheit? Pustekuchen! Das ist die Wahrheit – nach 33 Jahren, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der LINKEN)
Wo ist denn der Plan der Bundesregierung für die Angleichung der Löhne? Mir muss niemand mit Tarifpartnern kommen; das weiß ich alles selber. Aber ich mache Ihnen mal einen Vorschlag, weil das Thema Mindestlohn – völlig zu Recht – angesprochen wurde: Wie wäre es denn, den Mindestlohn, über den jetzt ja vielfach geredet wird, wirklich auf 14 Euro anzuheben?
(Beifall bei der LINKEN – Gerald Ullrich [FDP]: Auf 21 Euro!)
Das wäre doch mal was. Es ist doch leider die Wahrheit, dass fast jeder dritte Ostdeutsche für weniger als diese 14 Euro arbeitet. Wenn Sie den anheben würden, würden Sie wirklich was für die Einheit tun, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der LINKEN)
Zum Schluss eine Bemerkung zu dem Thema Demokratie: Ja, 79 Prozent der Ostdeutschen sind unzufrieden mit der Politik der Ampel. Das muss man doch zur Kenntnis nehmen. Im Osten kocht die Unzufriedenheit, deswegen dürfen Sie nicht so weitermachen, und deswegen wiederhole ich auch meine Forderung hier zum Schluss: Machen Sie einen Ostdeutschlandgipfel im Kanzleramt mit Bürgermeistern, mit Landräten, damit das, was Sie, Herr Habeck, sich wünschen – keine Feindschaft, keine Gräben –, auch wirklich eintritt. Wir brauchen einen Ostdeutschlandpakt 2024; das wäre sinnvoll.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)