Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Schulze! Ich habe gelesen, dass die Haushälter der Ampel den Haushalt bzw. den Einzelplan 23 als Signal für eine friedliche Entwicklung in der Welt bezeichnen. Meine Fraktion kann das nicht unterschreiben.
(Beifall bei der LINKEN)
Angesichts der gegenwärtigen Weltlage würde ich den Haushalt tendenziell sogar kurzsichtig nennen. „Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle“, sagt UN-Generalsekretär Guterres. Und leider müssen wir heute ergänzen: Einige Länder sind aufgrund des Klimawandels auf dem Highway in den Hungertod.
Die Zuspitzung der Ernährungskrise zeichnet sich seit Jahren ab. In Ostafrika steht die fünfte Dürreperiode in Folge bevor. Seit über zwei Jahren beobachten wir die steigenden Preise für Nahrungsmittel. Düngemittel sind kaum noch erschwinglich. Damit steigen natürlich auch die Ausgaben der Hilfsorganisationen. Weniger Menschen können versorgt werden, Projekte müssen ihre Leistungen einschränken. – Das alles berücksichtigen Sie im Haushalt unzureichend.
Äußerst dramatisch ist die Situation in Somalia. Von den 16 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern hat fast die Hälfte nicht genug zu essen. 1,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind fehlernährt. Mindestens 230 000 Menschen sind akut vom Hungertod bedroht, viele von ihnen werden den Jahreswechsel nicht erleben.
„Wir stehen vor einer verheerenden Katastrophe“, mahnen die Vereinten Nationen und sagen, nur ein massiver Mitteleinsatz könne die Anzahl der Toten wenigstens verringern. Klar ist: Nothilfe allein reicht nicht, um die Ernährungskrise in den vielen betroffenen Regionen und Ländern zu lösen. Es muss mehr für einen strukturellen Wandel zur Ernährungssouveränität getan werden.
Deshalb bin ich immer noch sehr skeptisch, Frau Ministerin Schulze, was das von Ihnen viel gepriesene Bündnis für globale Ernährungssicherheit angeht. Ja, es ist mehr als nötig, dass die Nahrungsmittelkrise durch kurzfristige Nothilfemaßnahmen abgemildert wird. Aber welchen konkreten Beitrag Ihr neues Bündnis dazu leisten will, ist auch acht Monate nach seiner Gründung völlig unklar. Bisher wirkt es eher wie eine Gewissensberuhigung. Zu einer umfassenden strukturellen Problemlösung wird es wohl kaum beitragen.
Aber statt jetzt für die Beteiligung an diesem Bündnis und für Beiträge dazu bei vielen Institutionen, Stiftungen, Philanthropen und Privatunternehmen bitte, bitte zu machen, ziehen Sie doch besser die Krisenprofiteure zur Verantwortung und bitten die zur Kasse.
(Beifall bei der LINKEN)
Denn während steigende Preise für Energie und Grundnahrungsmittel, für Dünger und weitere Agrargüter millionenfaches Leid verursachen, klingelt bei einigen Konzernen ordentlich die Kasse.
Meine Damen und Herren, bei der Klimakonferenz, der COP 27, wurde nun der nächste unkonkrete Fonds ins Leben gerufen. Seit vielen Jahren fordern die Länder des Globalen Südens einen Finanztopf für Verluste und Schäden der am stärksten von der Klimakrise betroffenen Staaten. Ein faktisch leeres Konto hatten die Länder sich aber bestimmt nicht vorgestellt. Denn wer einzahlt und vor allem welche Summen, steht in den Sternen, und die Entscheidung darüber ist mindestens bis zur COP 28 in Dubai verschoben.
Das Hauptproblem bleibt sowieso bestehen: Der Klimawandel wird dadurch nicht gestoppt, und die Lebensbedingungen der Menschen werden mit dem Einsatz fossiler Energien immer weiter zerstört. Ihre Einkaufstour für fossile Energien in den letzten Monaten trägt dazu bei, dass das als absolute Grenze definierte 2-Grad-Ziel immer mehr außer Reichweite gerät. Sie richten also einen Fonds für Verluste und Schäden ein und produzieren gleichzeitig Verluste und Schäden munter weiter. Die 170 Millionen Euro, die Deutschland für diesen Fonds spendiert, kommen dann ausgerechnet aus dem ohnehin schon geschrumpften Etat des BMZ. Es sind in diesem Jahr 190 Millionen Euro weniger für diesen Etat. Ich finde, das ist wirklich kein Pappenstiel.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Klimamittel müssten zusätzlich zur Verfügung gestellt werden und dürfen nicht zulasten der klassischen EZ gehen.
Sie feiern sich, Frau Ministerin Schulze – das unterstelle ich jetzt mal; aber auch Bettina Hagedorn hat es schon getan –, in Ihrer Rede gleich für die zusätzliche 1 Milliarde Euro, die Sie aus der allgemeinen Krisenvorsorge, also dem Einzelplan 60, bekommen. Aber eigentlich verringern Sie damit nur die beachtlichen Kürzungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Gefordert und vor allem für erforderlich gehalten haben Sie, Frau Ministerin Schulze, einmal 3,3 Milliarden Euro und nicht nur 1 Milliarde Euro. Ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie keinen größeren Kampfgeist gezeigt haben, um mehr Mittel durchzusetzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Machen wir uns doch nichts vor: Um den Auswirkungen der multiplen Krisen wirklich etwas entgegenzusetzen oder, wie Sie sagen, ein Signal für eine friedliche Entwicklung in der Welt zu senden, braucht es deutlich mehr globale Solidarität statt weiterer nationaler Egoismen.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!)
Es braucht endlich globale Umverteilung, damit die Krisenprofiteure auch für die Krisen bezahlen, die sie hervorgerufen haben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)