Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Buschmann! Das Land ist gespalten wie nie, und in diesen Zeiten, wo die Demokratie tatsächlich in Gefahr ist, kommen Sie, Herr Buschmann, mit Kürzungen im Justizhaushalt bei Demokratieprojekten. Wer soll Ihnen denn noch glauben, dass Sie Grundrechte schützen und verteidigen wollen? Aus unserer Sicht sind diese Kürzungen ein Skandal.
(Beifall bei der LINKEN)
Betroffen von Ihren Kürzungen sind unter anderem Organisationen wie HateAid, die Amadeu-Antonio-Stiftung und das Anne-Frank-Zentrum. Es sind vor allem Projekte, die bisher erfolgreich gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Hetze und Hass im Internet und Desinformation gekämpft haben. Damit setzen Sie ein falsches Zeichen.
(Beifall bei der LINKEN)
HateAid setzt sich seit Jahren für Menschenrechte im digitalen Raum ein, berät und unterstützt Opfer von Hass und Hetze im Internet. In der Breite wurden vor allem Menschen, insbesondere Frauen, unterstützt, die abseits der Öffentlichkeit tagtäglich Hass im Netz ausgesetzt sind. Frau Künast, Sie wissen doch aus eigener Erfahrung, wie wichtig diese Arbeit ist. Bitte setzen Sie sich für die Weiterförderung ein!
(Beifall bei der LINKEN)
Noch im letzten Jahr hatten Sie HateAid eine Förderung für die nächsten zwei Jahre in Aussicht gestellt. Im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung noch groß rumgetönt, man wolle zusammen mit dem Gesetz gegen digitale Gewalt umfangreiche Beratungsangebote aufsetzen. Und jetzt wird die Finanzierung einfach gestrichen.
Dasselbe geschieht mit den Mitteln für das Projekt Firewall der Amadeu-Antonio-Stiftung, die ein bundesweites Netzwerk für Schulungen gegen Hass im Netz aufgebaut hat. Was glauben Sie denn, wie es jetzt weitergeht? Hass und Hetze werden nicht einfach verschwinden, nicht in der realen Welt draußen auf den Marktplätzen, wo es zu vermehrten Angriffen auf zivilgesellschaftlich Engagierte kommt, zum Beispiel in Sachsen, da, wo ich herkomme, aber auch im digitalen Bereich. Wir brauchen aber für eine Demokratie eine engagierte Gesellschaft, die für eine Auseinandersetzung mit Antidemokraten, Verschwörungstheoretikern und Hasspredigern, wie sie auch teilweise hier im Hause sitzen, mit den dafür notwendigen Mitteln ausgestattet ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber was machen Sie als Bundesregierung? Sie zerstören diese Strukturen, indem Sie massive Kürzungen vornehmen. Statt hier zu kürzen, wäre es doch das Mindeste, die Förderung fortzusetzen. Warum das so dringend notwendig ist, zeigen doch die krass steigenden Zahlen antisemitischer Straftaten und ein Aiwanger, der immer noch nicht glaubhaft entkräften konnte, dass er ein antisemitisches und menschenverachtendes Hetzblatt geschrieben hat. Antisemitismus ist in Bayern ganz offensichtlich kein Hinderungsgrund, um in die Regierung zu kommen – ein Grund mehr, diesem Zustand etwas entgegenzusetzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Rechtsextremismus ist aber auch ein Problem in Teilen der Justiz und muss dort auch bekämpft werden. Es gab bereits mehrere Fälle von Richterinnen und Richtern, die mit ihren rechtsextremen Ansichten aufgefallen sind. Der Rechtsstaat darf nicht von menschenfeindlichen Ansichten unterwandert werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Günter Krings [CDU/CSU] und Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir brauchen mehr Mittel, um Richterinnen und Richter fortzubilden. Wenn Sie nicht in den Erhalt der Demokratie investieren, Herr Buschmann, dann droht ein Totalschaden. Und wir können es uns nicht leisten, bei der Basis unserer Demokratie, nämlich der Zivilgesellschaft, noch mehr zu kürzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Statt Rüstungskonzerne zu bereichern, sollten Sie in unsere Demokratie und unseren sozialen Frieden investieren.
Herr Buschmann, Sie sprechen häufig davon, dass Ihnen die internationale Verantwortung im Strafrecht wichtig ist. Machen wir es konkret! Jina Mahsa Aminis Tod jährt sich nächste Woche zum ersten Mal. Im Iran werden Menschen massenweise systematisch inhaftiert, gefoltert und getötet. Einige Abgeordnete wie ich haben Patenschaften für sie übernommen. Deutsche Staatsbürger/-innen wie Nahid Taghavi und Jamshid Sharmahd sitzen immer noch unrechtmäßig in den Todeszellen dort. Herr Buschmann, Sie selbst sprachen davon, dass mögliche Völkerrechtsverbrechen konsequent verfolgt werden müssen. Aber mit den begrenzten Mitteln, die dem Generalbundesanwalt derzeit zur Verfügung stehen, sind keine Strukturermittlungsverfahren bei Völkerrechtsverbrechen von Unterstützern des iranischen Regimes möglich. Wenn Ihnen die Ahndung dieser Verbrechen ernsthaft wichtig ist, müssen die Mittel dringend aufgestockt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Genauso unklar ist mir, warum Sie die Mittel dort kürzen, wo durch gemeinnützige Arbeit die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe verhindert werden kann. Auch das ist etwas, was Sie eigentlich unterstützen wollten, Herr Buschmann.
Insgesamt sind Ihre Kürzungen ein Schock und befeuern die Erosion des Sozialstaats und der Zivilgesellschaft.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)