Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Worum geht es? Es geht um eine extrem hohe Abhängigkeit bei Rohstoffen. Deutschland ist der fünftgrößte Rohstoffverbraucher der Welt, und mehr als 99 Prozent der im Bergbau gewonnenen Metalle kommen aus dem Ausland. Und dann wird im Unionsantrag etwas nebulös von „geopolitischen Spannungen“ gesprochen. Ich sage: Reden wir doch offen über die beiden Elefanten im Raum: Das ist die Rohstoffabhängigkeit von Russland, und das ist die Rohstoffabhängigkeit von China.
Zu Russland. 44 Prozent der deutschen Nickel- und Palladiumimporte, 41 Prozent der Titanimporte und 22 Prozent des Rohaluminiums kommen aus Russland. Deswegen stehen diese und weitere Rohstoffe auch aus gutem Grund nicht auf der EU-Sanktionsliste – im Übrigen genauso wenig wie Gas. Aber was wir im laufenden Wirtschaftskrieg gemeinsam gelernt haben, ist: Die Gegenseite schlägt dort zurück, wo sie es sich aussucht. Das können wir uns nicht aussuchen. Sie schlägt dort zu, wo es wehtut, wie wir an den aktuellen Energiepreisen merken, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Reden wir über den zweiten Elefanten im Raum. Das ist die Rohstoffabhängigkeit von China. Es gibt eine Reihe von relevanten Rohstoffen, wo wir bis zu 100 Prozent von chinesischen Importen abhängig sind. Im Gegensatz zu Russland bleibt diese Abhängigkeit auch längerfristig ein Problem, und zwar, weil fast die Hälfte der weltweiten Bergbauproduktion von China betrieben wird. Das lässt sich nicht einfach so wegdiversifizieren, meine Damen und Herren.
Warum sage ich das? Weil sich im Zuge der Rivalität mit China auch die Wirtschaftspolitik verschärft. Im klassischen Imperialismus galt noch: „The flag follows the trade.“ Heißt: Staatliche Aktionen orientierten sich am ökonomischen Handel. Heute, im Niedergang der westlichen Hegemonie, gilt andersherum: „The trade follows the flag.“ Heißt: Handelskonflikte orientieren sich an geopolitischen Konflikten. Und davor stehen wir möglicherweise auch bei China. Die USA haben bereits ein Halbleiterembargo gegen China verhängt, und Wirtschaftsminister Habeck hat in treuer Gefolgschaft eine robustere Handelspolitik gegenüber China angekündigt. Ich kann nur eines sagen: Wir sind gut beraten, die Finger von einem weiteren Wirtschaftskrieg zu lassen, diesmal mit China, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Dafür gibt es Gründe. Unsere Abhängigkeit von vielen mineralischen Rohstoffen aus China ist größer als die von Gas aus Russland. Und was der laufende Wirtschaftskrieg in der Bevölkerung anrichtet, das sehen wir doch hoffentlich, meine Damen und Herren. Ähnlich wie im Wirtschaftskrieg mit Russland gilt diesmal: Es gibt kaum ein Land in der EU, das so abhängig vom Handel mit China ist wie Deutschland. Deswegen darf man da nicht blindlings in den nächsten Wirtschaftskrieg hineinlaufen. Ich sage Ihnen: Noch einen Handelskonflikt, diesmal härter und schlimmer als der mit Russland, wird die Bevölkerung nicht mitmachen, das hält sie nicht aus, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Es gibt noch einen weiteren Grund. Sie wollen die Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren und erneuerbare Energien ausbauen. Aber deswegen wird die Abhängigkeit von chinesischen Rohstoffen ansteigen. Warum? Bei Seltenen Erden sind wir zu 100 Prozent auf chinesische Importe angewiesen. Die braucht man für Solaranlagen und Windkraftanlagen. Bei Grafit sind wir zu 90 Prozent auf chinesische Importe angewiesen. Das braucht man auch für Solaranlagen. Und bei Gallium sind wir zu 60 Prozent auf chinesische Importe angewiesen. Auch das braucht man für die Solarindustrie. Das heißt, die Nachfrage nach Öl und Gas wird langfristig sinken, aber die Abhängigkeit von Metallen und Seltenen Erden wird genau deswegen ansteigen. Für das Industriezeitalter waren fossile Brennstoffe die Treiber. Aber in der Zeit der Energiewende und der Digitalisierung braucht es jetzt mehr Kobalt, Lithium, Seltene Erden usw. usf.
Deswegen am Ende noch mal langsam zum Mitschreiben: Diversifizierung, Kreislaufwirtschaft, Recycling – alles richtig, alles wichtig. Aber lassen Sie um Gottes willen die Finger von einem weiteren Wirtschaftskrieg, diesmal mit China. Die Bevölkerung wird das nicht mittragen. Sie gefährden die Digitalisierung, Sie gefährden die Energiewende, und Sie gefährden die Klimaziele.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)