Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man hier heute zugehört hat, dann bekommt man fast den Eindruck, es gehe gar nicht um Paralleljustiz für Konzerne, sondern um Werte. Als politisch interessierter Mensch fragt man sich dann: Um welche Werte geht es denn hier? Geht es bei diesen Werten vielleicht um die Demokratie? Das kann ja nicht sein; denn Sie wollen Konzernen die Möglichkeit geben, gegen demokratische Entscheidungen, die in diesem Hause gefasst wurden, zu klagen, wenn sie denen nicht passen. Wie stellen Sie sich das eigentlich vor? Möchten Sie morgen politische Entscheidungen vorab in Konzernzentralen absegnen lassen? Deswegen: Sie degradieren demokratische Errungenschaften zu Handelshemmnissen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
– Danke schön. Das ist nett. Aber das waren gar nicht meine Worte, sondern die von Minister Habeck, und zwar im Jahr 2016.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])
Zurück zu den Werten. Geht es dabei vielleicht um den Rechtsstaat? Da bekommen Konzerne die Möglichkeit, den Staat zu verklagen, wenn sie denken, dass ihre Interessen nicht hinreichend berücksichtigt werden. Da sei doch mal die Frage erlaubt: Planen Sie Ähnliches auch für die eigenen Bürger? Darf morgen eine alleinerziehende Mutter mit drei Bullshit-Jobs die Regierung verklagen, wenn sie denkt, dass ihre Interessen bei der Bekämpfung der Inflation nicht berücksichtigt wurden? Kriegt die dann auch ein Sondergericht dafür? Deswegen: Die bevorstehende Einführung von Schiedsgerichtsverfahren ermöglicht es Unternehmen, nationale Rechtssysteme zu unterlaufen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
– Das ist wieder sehr nett von euch. Danke. Aber der Applaus geht an Ministerin Baerbock. Das waren ihre Worte im Jahr 2015.
(Zuruf des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])
Was ist das Problem? Nach dem Ausstieg aus der Atomenergie hat ein schwedischer Energiekonzern Deutschland vor einem Schiedsgericht auf Milliardensummen verklagt, und das zweimal. Und nur ein Jahr später schlagen Sie vor, dass kanadische Energiekonzerne das auch dürfen, und das, obwohl kanadische Energiekonzerne besonders häufig klagen – und das Ganze in einer Energiekrise, wo kein Mensch weiß, welche politischen Entscheidungen in einem Jahr notwendig werden. Sag mal, geht’s noch, Ampel?
(Beifall bei der LINKEN)
Zurück zu den Werten. Wenn es nicht um Demokratie geht und nicht um den Rechtsstaat, dann muss es ja wohl um die anderen Werte gehen, die hier manchmal auch eine Rolle spielen, nämlich die Aktienkurse, den DAX und in diesem Fall um den kanadischen Börsenindex. Das sind doch die Werte, über die wir heute verhandeln.
Das alles sagen wir auch sehr explizit an die Adresse der Grünen. Wir wissen, dass Sie Druck von rechts, von der FDP, kriegen, und wir haben Angst, dass Sie wieder einmal umkippen und auf unsere Werte drauffallen. Deswegen machen auch wir Druck: Bleiben Sie standhaft! Sagen Sie Nein zu CETA! Keine Sonderjustiz für Konzerne!
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)