Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir zu Recht über den Hochlauf der Elektromobilität sprechen, müssen wir uns auch mit dem Zustand der Automobilindustrie auseinandersetzen.
Mein Wahlkreis in Stuttgart liegt in einer Automobilregion.
(Zuruf von der AfD: Ah!)
Ich mache mir große Sorgen um die Arbeitsplätze. Wir sehen die Automobilindustrie nicht gut aufgestellt für die aktuelle Transformation hin zur Herstellung von Elektroautos. Weitgehend tatenlos haben Bund und Land zugeschaut, wie wichtige Zulieferer ihre Produktion, zum Teil auch ihre Entwicklung überwiegend in osteuropäische Länder verlagert und Tausende von gut bezahlten Arbeitsplätzen vernichtet haben. Standorte, die geschlossen sind, können nicht mehr transformiert werden. Sie sind weg und mit ihnen die Arbeitsplätze.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich bleibe dabei: Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass Betriebsräte keine Mitbestimmung bei Standortschließungen oder -verlagerungen haben.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das muss dringend geändert werden. Wo bleibt da eigentlich die Initiative der SPD?
(Sebastian Roloff [SPD]: An uns liegt das nicht!)
Im Gegensatz zu den vollmundigen Ankündigungen ihrer Manager haben die traditionellen Automobilkonzerne wichtige technologische Entwicklungen verschlafen und hinken der asiatischen Konkurrenz um Jahre hinterher. Chinesische Anbieter sind längst auf der Überholspur. Tesla produziert mehr Elektroautos als alle traditionellen Automobilkonzerne zusammen.
Die Förderung der Elektromobilität allein durch Umweltboni wird uns nicht weiterbringen. Wir haben kein Nachfrageproblem bei Elektroautos,
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Doch! Doch!)
sondern Mangel an Angeboten, vor allem an kleineren und preiswerten Autos.
Die Automobilkonzerne produzieren zu teure, zu große und zu PS-starke Autos.
(Reinhard Houben [FDP]: Bei Elektroautos eigentlich eher „kW“, Herr Riexinger, nicht „PS“!)
Das geht im Übrigen an den Bedürfnissen breiter Schichten in der Bevölkerung vorbei, erhöht kurzfristig die Profite, sichert aber langfristig nicht die Arbeitsplätze. Außerdem sind sie ressourcenfressend und keinesfalls klimagerecht.
(Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])
Die Krankenpflegerin und der Schichtarbeiter auf dem Land brauchen kein Elektroauto, das erst ab 45 000 Euro zu haben ist. Das gilt auch für viele gewerbliche Nutzerinnen und Nutzer wie Sozialstationen, Pflegedienste, Essenslieferanten und viele andere.
Wer wie die CDU ernsthaft Planungssicherheit für die Fahrzeughersteller fordert, müsste über Industriepolitik reden.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Verdoppelung der Kapazitäten des ÖPNV und der Ausbau der Bahn könnten bis zu 400 000 neue industrielle und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen – für die Produktion von Elektro- und Kleinbussen, Bahnzubehör, ÖPNV-Ausrüstung, digitale Verkehrsinfrastruktur. Diese Chancen zu sehen und politische Rahmenbedingungen zu schaffen, wäre zukunftsträchtig, nicht aber der Antrag der CDU.
(Tilman Kuban [CDU/CSU]: Sind Sie jetzt gegen die Automobilindustrie?)
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)