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Bundesregierung muss sich ME/CFS stellen

Rede von Ates Gürpinar,

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich möchte vor allem meinen Dank den Betroffenen und den Angehörigen aussprechen, die es in den letzten Jahren trotz dieser Krankheit geschafft haben, Druck aufzubauen – Druck auf uns alle, Druck auf die Politik, damit sich für sie endlich was in ihrem Leben ändert.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist deswegen genau bei dieser Krankheit so etwas Besonderes, weil es Teil der Krankheit ist, entkräftet zu sein, Teil der Krankheit ist, nicht mehr so viel machen zu können, wie man gern möchte. Dafür, dass sie diese Kraft dann noch opfern, um sich seit Jahren tagtäglich dafür einzusetzen, dass sich was ändert, gebühren den Betroffenen großer Dank und große Anerkennung. Auch heute waren draußen auf der Wiese Betroffene und ihre Angehörigen, um zu zeigen, dass es so nicht weitergehen kann. Wir versprechen Ihnen: Wir tun alles, damit sich für Sie in Ihrem Leben etwas zum Positiven verändert.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Erich Irlstorfer [CDU/CSU] und Lars Lindemann [FDP])

Diese Krankheit ist so pervers. Einige Beispiele wurden schon genannt: Manche können tage- und wochenlang nur im Dunkeln sein, weil sie das Licht nicht ertragen. Das trifft die Betroffenen; das trifft die Angehörigen. Betroffen sind vor allem Jugendliche, junge Menschen. Betroffen sind übrigens vor allem auch Frauen, wie schon eine ältere Studie festgestellt hat.

Das bedeutet, dass diese Krankheit nicht neu ist. Die Linke hat auch erst Corona und die Pandemie gebraucht, um vor anderthalb Jahren einen ersten Antrag einzureichen. Das war noch zu Gesundheitsminister Spahns Zeiten. Damals hatten Sie, liebe CDU/CSU, dem Antrag leider noch nicht zustimmen können. Ich bin Ihnen aber trotzdem dankbar, dass Sie jetzt zumindest auf den Druck der Betroffenen reagieren, dass der Druck jetzt wirkt und Sie einen eigenen Antrag eingereicht haben, den auch wir als Linke unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Damit richte ich meine Worte auch an die Regierung. Ich hoffe, dass Sie die Forderungen jetzt tatsächlich übernehmen, dass Sie jetzt nach den Anhörungen im Ausschuss dafür sorgen, dass sich wirklich etwas ändert. Wenn die CDU/CSU und Die Linke eine gemeinsame Position vertreten, dann ist das entweder ideologisch verquer oder Einsicht in die Notwendigkeit. Ich würde bei diesem Thema Letzteres vermuten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deswegen: Werden auch Sie tätig! Handeln Sie! Ich erinnere daran, dass Gesundheitsminister Lauterbach, glaube ich, nicht wegen seiner tollen Krankenhausmanagement-Fähigkeiten Gesundheitsminister geworden ist,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Der war gut!)

sondern weil er in der Pandemie wohl teilweise richtige Aussagen getätigt hat. Ich muss sagen: Was ME/CFS angeht, ist er gemessen an seinen Versprechungen bisher viel schuldig geblieben. Es wurden 100 Millionen Euro für die Forschung versprochen; laut Koalitionsvertrag sollte ein deutschlandweites Netzwerk aufgebaut werden. Das wurde jetzt verschoben. Andere wurden damit beauftragt.

Es ist noch einiges zu tun. Es wäre nötig und möglich, auch auf Bundesebene was zu tun. Wir müssten die Pflegepolitik ändern, um den Menschen zu helfen. Wir müssten in die Forschung investieren. Wir müssten auch das sozialpolitische Gefüge ändern, um die Betroffenen, die teilweise noch arbeiten könnten, dabei zu unterstützen, dass sie die Tage, die sie arbeiten könnten, auch arbeiten können. Dazu sind Änderungen möglich. Dazu gehen wir gemeinsam ins Gespräch.

Ich ende mit einem Brief von einem Betroffenen, vom zwölfjährigen Jakob. Ich zitiere und ende mit der Erlaubnis der Ministerin: – –

Ich lese nicht die ganze Seite vor, keine Sorge. – Er findet es klasse, dass ME/CFS heute hier Thema wird. Seine Eltern haben aber auch gesagt,

"dass manche Abgeordnete vielleicht dagegen sind und ich dann vielleicht keine Hilfe bekomme. Das kann ich nicht glauben. Denn warum sollten das Politiker nicht wollen? Ich bitte Sie daher von Herzen um Unterstützung, weil ich mir nichts so sehr wünsche, als endlich wieder mein normales Leben zu haben."

Ich bedanke mich für seinen Einsatz, für Ihren Einsatz und für die gemeinsame Diskussion.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)