Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele Kommunen, Landkreise und die Bundesländer hat es wie einen Schlag getroffen, als von einem Tag auf den anderen die Breitbandförderung des Bundes gestoppt wurde. Unberechenbare Förderstrategien und widersprüchliche Signale sind aber Gift für langfristige Projekte wie den Gigabit-Ausbau in Deutschland. Das muss gerade ein FDP-Minister wissen; denn ständig redet ja die FDP davon, wie wichtig es ist, dass Unternehmen zum Beispiel verlässliche Rahmenbedingungen bekommen, um in die Zukunft zu investieren. Das ist aber für Kommunen, Landkreise und Bundesländer auch nicht anders.
(Beifall bei der LINKEN)
Mit knappen Ressourcen wurden komplexe Planungsprozesse bewältigt, und dann kommt Volker Wissing, spielt Monopoly und schickt praktisch alle, die jetzt fertige Anträge einreichen wollen, zurück auf Los. Das kann so nicht bleiben, meine Damen und Herren.
Ein Problem dabei ist der eklatante Mangel an Transparenz. Dieser Stopp war ja für niemanden absehbar. Kein Dashboard im Internet hat den Mittelabfluss gezeigt, keine Warnung wurde veröffentlicht, einfach nichts. Es gab null Kommunikation im Vorfeld.
(Beifall bei der LINKEN und der CDU/CSU sowie der Abg. Joana Cotar [AfD])
Für die Kommunen war das ein Fahren an die Wand mit Höchstgeschwindigkeit. Da drücken sie auf die Tube. Mit der digitalen Infrastruktur wollen sie endlich die Verkehrs- und Energiewende beschleunigen, mehr Menschen das Arbeiten im Homeoffice erleichtern; dann kommen die Wissing-Wand und der plötzliche Stillstand.
Ein weiteres Problem war aber auch die offensichtliche Fehlplanung. Man kann doch nicht den schnellstmöglichen Ausbau zum Ziel erklären und dann gar nicht genug darauf vorbereitet sein. Und übrigens: Wir haben in den Haushaltsberatungen gerade gehört, dass die Mittel auch im Haushaltsjahr 2023 nicht reichen sollen. Sie müssten also das Breitbandförderbudget für das nächste Jahr auch noch mal aufstocken, weil es sonst eine Wiederholung dieser nicht nur peinlichen, sondern schädlichen Situation geben wird.
(Beifall bei der LINKEN und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Last, but not least: Der Digitalminister hat auch bei der Problemlösung versagt. Da heißt es lapidar: „Das Geld ist alle“, und wer nicht mehr ausbauen kann, der hat offenbar Pech gehabt. Das Mindeste aber wäre doch, den in die Röhre guckenden Kommunen oder Landkreisen zuzusichern,
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau! Das wäre das Mindeste!)
dass ihre Förderanträge mit Beginn des nächsten Förderzeitraums vor allen anderen bearbeitet und bewilligt werden.
(Beifall bei der LINKEN – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So ist es!)
Denn noch gilt hier die Aufgreifschwelle von 100 MBit/s. Ab Januar soll diese Schwelle aber wegfallen. Dann sind alle Gebiete, die unter 1 Gigabit liegen, förderfähig. Meine Damen und Herren, eins darf nicht passieren: dass gerade die Regionen mit dem langsamsten Internet noch länger auf Glasfaser warten müssen, weil dann durch das neue Förderprogramm so viel neue Konkurrenz aus Regionen dazukommt mit Förderanträgen von Nutzern, die schon deutlich schnelleres Netz haben.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Alternativ können Sie auch den Wegfall der Aufgreifschwelle ein bisschen verschieben. Aber ich fürchte, Minister Wissing will gar nicht unbedingt den schnellstmöglichen Gigabit-Ausbau für alle, weil ein langsamerer Ausbau für die Telekom-Industrie einfach attraktiver ist.
Dazu zwei Beispiele. Das Erste. Minister Wissing unterbindet nicht die sinnlose Ressourcenverschwendung durch den sogenannten Überbau, bei dem man eine zweite Glasfaser dahin legt, wo schon eine liegt, weil dann zwei Unternehmen am Eigentum der Infrastruktur verdienen können, obwohl es zu wenig Ausbaukapazitäten gibt und im Dorf nebenan vielleicht sogar noch gar nichts liegt. Das ist eine aktive Verlangsamung des Glasfaserausbaus im ländlichen Raum, und das darf so nicht bleiben.
(Beifall bei der LINKEN)
Der Markt soll das regeln, aber der regelt da nix. Der Markt führt zu anhaltender Ressourcenverschwendung bei gleichzeitiger struktureller Benachteiligung ländlicher Räume.
(Beifall bei der LINKEN)
Das lohnt sich für die Wirtschaft; denn in der Stadt wohnen schlicht mehr zahlende Kunden je Quadratmeter. Die Teilhabe an der digitalen Gesellschaft hängt also zurzeit vor allem davon ab, wo sich diese Teilhabe für Unternehmen lohnt, und das ist falsch, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Das zweite Beispiel. Ein umfassenderer Förderstopp steht in Volker Wissings Gigabit-Strategie ja sogar schon drin als Maßnahme zur Gegensteuerung – da müssen Sie sich jetzt mal kurz festhalten –, falls der Gigabit-Ausbau schneller als erwartet passiert, wenn also – Gott bewahre! – vor 2030 alle Haushalte Gigabit-Netze bekommen können. Faktisch führt der Minister ein Tempolimit für den Breitbandausbau ein, damit die Dörfer in der Uckermark nicht zu schnell auf der Datenautobahn fahren.
(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Ich bitte um Verständnis für diese kleine Verkehrsmetapher, aber ich habe den Verkehrsminister bisher nur als solchen wahrgenommen und nicht als Digitalminister. Vielleicht dringt mein Appell so ein bisschen besser durch.
Also: Korrigieren Sie Ihre Fehler! Vom schnellen Netz hängt einfach viel zu viel ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Eigentlich eine gute Rede!)