Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Anhörung zum Bevölkerungsschutz im Innenausschuss am Montag haben uns die Hilfsorganisationen im Vorfeld der Haushaltsberatungen wieder einmal mit bemerkenswerter Zurückhaltung vorgetragen, wo es gerade hakt. Ich finde diese Zurückhaltung nicht länger angebracht.
Eigentlich ist es jetzt wirklich an der Zeit, endlich ein „Schwarzbuch Bevölkerungsschutz“ zu verfassen, um die vorhandenen Defizite mal kompakt und deutlich offenzulegen. Zum Inhalt haben wir klare Vorstellungen.
Kapitel 1, Technisches Hilfswerk: Beim THW müsste das Budget statt 400 Millionen Euro eigentlich 600 Millionen Euro betragen, erklärte die neue THW-Präsidentin Sabine Lackner in der Anhörung. Dass das THW dann auch noch mit 80 Millionen Euro mehr an Mietausgaben rechnen muss, die an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, also an den Bund, zurückfließen, ist schlichtweg absurd.
(Beifall bei der LINKEN)
Kapitel 2, Beschaffung: Ich nenne exemplarisch nur die mobilen Betreuungsmodule „Labor Betreuung 5 000“, die faktisch nur auf dem Papier existieren. Es sollten zehn Module beschafft werden. Eines wurde tatsächlich gekauft und ist seither im Dauereinsatz, ein weiteres ist „anfinanziert“, aber noch nicht real vorhanden. Das ist aus Sicht der Linken kein Bevölkerungsschutz; das ist das Prinzip Hoffnung, dass es im Notfall schon irgendwie laufen wird – also völlig inakzeptabel!
(Beifall bei der LINKEN)
Kapitel 3, Helfergleichstellung: Ein freiwilliger Helfer des THW, ein Feuerwehrmann, ein DLRG-Wasserretter und ein Spontanhelfer sitzen bei einem Rettungseinsatz in einem Boot und kommen dabei zu Schaden. Für jeden dieser Menschen, dem dasselbe passiert, existieren andere Zuständigkeiten, Ansprechstellen und oft jahrelange Verfahren, um eine Versorgung oder Entschädigung zu erhalten. Seit mittlerweile zehn Jahren, die ich hier im Bundestag bin, höre ich davon, dass die Helfergleichstellung erfolgen muss. Packen wir es doch endlich gemeinsam an und schaffen wir die dafür nötigen rechtlichen Grundlagen!
(Beifall bei der LINKEN)
Kapitel 4, Krisenmanagement: In Kommunen, Ländern oder im Bund fehlen Krisenmanager, ausgebildete hauptamtliche Personen, die Krisenstäbe aufbauen und leiten, die regionale Strukturen kennen und die Katastrophenlage überblicken. Wenn die Einsatzszenarien immer komplexer werden, die Aufgaben stetig wachsen und die Krise zum Dauerzustand wird, dann müssen wir uns auch fragen, wie lange wir das rein ehrenamtlichen Strukturen noch aufbürden können.
Meine Damen und Herren, das „Schwarzbuch Bevölkerungsschutz“ bräuchte noch viele weitere Kapitel. Meine Fraktion Die Linke hat mittlerweile in einem eigenen Positionspapier „Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“ die aus unserer Sicht drängendsten Punkte aufgelistet.
Der Antrag der Union geht uns nicht weit genug. Wir brauchen tatsächlich eine Zeitenwende auch beim Bevölkerungsschutz. Fakt ist auch: SPD und FDP haben zum katastrophalen Zustand im Bevölkerungsschutz als Regierungspartner ebenso beigetragen wie die Union. Wenn wir im nächsten Jahrzehnt wirklich etwas bewegen wollen, dann wird die 1 Milliarde Euro pro Jahr, die CDU und CSU jetzt fordern, dafür definitiv nicht ausreichen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)