Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Jung, wir schreiben heute keine Parlamentsgeschichte, aber die Union macht sich schon lächerlich.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Eine Aktuelle Stunde aus der Fragestunde heraus zu beantragen, obwohl man selbst schon eine Aktuelle Stunde beantragt hatte, in der man das Thema hätte unterbringen können, und morgen auch noch ein Antrag zur Gaspreisumlage im Bundestag beraten wird – also, lächerlicher kann man sich nicht machen.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Tja, darum geht’s den Leuten halt! – Timon Gremmels [SPD]: Das kriegt noch nicht mal Die Linke hin!)
Ohne Quatsch: Das war jetzt keine große Stunde dieser Oppositionsfraktion.
Ganz nebenbei: Ist Ihnen hin und wieder mal klar geworden, dass wir mit vielen Problemen schon weiter wären, wenn nicht 16 Jahre lang gerade von Ihrer Fraktion, Ihrer Regierung der Ausbau der erneuerbaren Energien blockiert worden wäre?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Eijeijei! Der Evergreen! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Der neue Koalitionspartner!)
Sie kämpfen heute noch gegen jedes Windrad; Sie kämpfen heute um die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke und machen sich hier einen schlanken Fuß. Besser, Sie hätten heute nichts gesagt.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber, Herr Minister Habeck, Sie machen es natürlich der Opposition auch ein Stück weit leicht. Sie haben diese Woche gesagt – ich zitiere Sie –:
"Wenn beim Gassparen alles gut geht und wir Glück mit dem Wetter haben, dann haben wir eine Chance, gut durch den Winter zu kommen."
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war ehrlich!)
– Kann sein, dass das ehrlich war. Aber Deutschland braucht keinen Minister, der glaubt und hofft und nach Glück sucht, sondern wir brauchen einen Minister, der macht.
(Tino Chrupalla [AfD]: Der hat ja kein Glück!)
Das ist das Entscheidende. Deutschland braucht in diesen Tagen einen Minister, der macht, und, Herr Habeck, da haben Sie zurzeit wenig geliefert.
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Gasspeicher sind zu 90 Prozent gefüllt! Wir sind quasi unabhängig! Nehmen Sie das doch mal zur Kenntnis! Das ist ja unfassbar!)
Wir haben heute Morgen im Wirtschaftsausschuss des Bundestags darüber geredet, was denn mit den Unternehmenshilfen passiert. Ich glaube, 3 500 Anträge sind bis jetzt gestellt worden; noch keine 40 sind zur Auszahlung gekommen. Jeden Tag, den wir hier verschenken, gehen Betriebe insolvent, ob Sie das verstehen oder nicht. Jeden Tag, den wir hier verschenken, sind Hunderttausende Arbeitsplätze gefährdet. Viele Unternehmen wissen nicht nur nicht, wie sie den nächsten Winter überstehen; sie wissen nicht, wie sie im nächsten Monat produzieren sollen. Und von dieser Bundesregierung wird dieses Thema Woche für Woche verschlafen. Wir brauchen ganz dringend schnelle und unbürokratische Unternehmenshilfen, um die nächsten Wochen und Monate zu überstehen.
(Beifall bei der LINKEN – Christian Dürr [FDP]: Das fordert die Union ja auch!)
Und, Herr Habeck, Sie haben jetzt gesagt: Die Union macht sich es einfach und sagt: Gaspreisumlage weg! – Wir als Linke haben das seit der ersten Stunde gesagt. Wir sagen: Wir können in einer Situation, in der die Energiepreise so durch die Decke gehen, die Verbraucher und die Unternehmen mit dieser Umlage nicht weiter belasten. – Das haben wir von Anfang an gesagt. Dieser Gaspreiszuschlag muss weg!
Dafür haben Sie eben die Union kritisiert. Dann sollten Sie sagen, wo die 35 Milliarden Euro herkommen. Ich sage Ihnen das mal ganz ehrlich: Wer in dieser Krise nicht versteht, dass sie ähnlich oder sogar größer ist als die Coronakrise, und immer noch an der Schuldenbremse festhält, hat nicht verstanden, was jetzt getan werden muss.
(Beifall bei der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Schulden machen, oder was?)
Die Schuldenbremse muss weg! Die muss ein weiteres Jahr ausgesetzt werden.
(Christian Dürr [FDP]: Sie sind in Eintracht mit Markus Söder! Sie sagen das Gleiche wie Markus Söder, Herr Ulrich! Da passt kein Blatt Papier zwischen Sie und die CSU!)
Dann hätten wir die 35 Milliarden Euro auf andere Art und Weise zur Verfügung, um die Verbraucher und die KMU zu unterstützen. Das wäre die richtige Antwort.
(Beifall bei der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Hören Sie mit dem sozialistischen Mist einfach auf!)
Sie müssen, ob Sie wollen oder nicht, jetzt langsam mal in der Bundesregierung mit der FDP Tacheles reden.
(Christian Dürr [FDP]: Ganz ehrlich, zwischen CSU und Linkspartei passt kein Blatt!)
Denn eine FDP, die weiterhin die Schuldenbremse einhalten will in einer Situation mit, wie Sie selbst beschreiben, hoher Inflation und Rezessionsgefahr, die versündigt sich an den kommenden Generationen.
(Stephan Brandner [AfD]: Die sich Richtung 4 Prozent verabschiedet vor allem!)
Denn jedes Unternehmen, das aus Deutschland abwandert, jedes Unternehmen, das pleitegeht, jedes Unternehmen, das sich jetzt fragt: „Warum ist in Amerika der Gaspreis zehnmal geringer als bei uns?“, ist nicht mehr da,
(Christian Dürr [FDP]: Dass Sie damit eine Inflation von über 10 Prozent riskieren, ist Ihnen vollkommen egal! Herr Ulrich, die Inflation ist Ihnen vollkommen egal offensichtlich! Das ist verantwortungslos!)
und die kommenden Generationen werden diese Arbeitsplätze leider suchen.
Deshalb: Die FDP versündigt sich mit ihrer Schuldenbremse an der Zukunft dieses Landes.
(Beifall bei der LINKEN)
Und, Herr Habeck, Sie müssen jetzt auch langsam tatsächlich liefern; Sie haben nicht mehr lange Zeit. Die Unternehmenshilfen können nicht mehr lange auf sich warten lassen. Wir haben Ihnen heute Morgen ja auch im Wirtschaftsausschuss die Frage gestellt: Wo kommen die Milliarden her? Sie haben sie nicht so richtig beantwortet. Sie haben gesagt: Ja, gut, entweder müssen wir die Einnahmen erhöhen oder die Ausgaben irgendwo anders einschränken. – Ja, wo wollen Sie denn sparen, um die zusätzlichen Unternehmenshilfen zu bezahlen? Ich sage noch einmal: Die aktuelle Haushaltsplanung für 2023 wird nicht halten. Sie wird den Herausforderungen nicht gerecht, und da muss diese Bundesregierung endlich liefern.
Ganz nebenbei: Der Bundeskanzler hat bereits im Februar gesagt, die Sanktionen dürfen uns nicht härter treffen als Putin oder Russland selbst.
(Stephan Brandner [AfD]: Super Idee! Hat nur nicht geklappt!)
Ich glaube, es gehört auch zur Ehrlichkeit dazu, dass wir jetzt jeden Tag spüren, dass diese Sanktionen uns schon härter treffen als Putin.
(Stephan Brandner [AfD]: Ach! Überraschung! – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Darf man das bei den Linken sagen?)
Deshalb muss man auch die Sanktionspolitik hinterfragen; denn es ist doch wirklich so, dass Gazprom weiterhin super Geschäfte macht, während wir oder die Bürgerinnen und Bürger da draußen nicht mehr wissen, wie sie ihre Gasrechnungen bezahlen sollen. Das heißt, wir dürfen nicht nur darüber nachdenken, wie wir mit Entlastungspaketen am Schluss wieder die Pflaster draufsetzen, sondern wir müssen auch die Sanktionspolitik hinterfragen; denn die schadet uns mehr als Russland.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Tosender Beifall! – Zuruf: Das sieht Herr Ramelow aber anders!)