Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Arbeit der Beschäftigten bei der Post ist für uns alle unverzichtbar. Sie stellen bei Wind und Wetter Briefe zu, liefern Päckchen aus, tragen schwere Pakete und laufen tagtäglich zig Stockwerke hoch und runter. Sie gehörten zu den Coronahelden, aber bekommen oft nur befristete Verträge, sind überlastet und zu schlecht bezahlt. Das ist nicht hinnehmbar. Unsere Unterstützung gilt den über 30 000 Postbeschäftigten, die am Montag in Berlin demonstriert haben.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nun soll das Postgesetz geändert werden, aber eben nicht zum Guten. Zukünftig sollen Briefe bis zu drei Tage brauchen dürfen, um ihr Ziel zu erreichen. Damit würde die Post Milliarden sparen, und die Gewerkschaft Verdi befürchtet einen massiven Stellenabbau von bis zu 10 000 Stellen.
(Zuruf des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und damit soll die Zuverlässigkeit der Zustellung erhöht werden? Wie passt denn das zusammen: Stellenabbau und Erhöhung der Zuverlässigkeit?
Meine Damen und Herren, die Privatisierung der Post war ein schwerer Fehler.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Takis Mehmet Ali [SPD])
Der Wettbewerb wird auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen: immer mehr Pakete, immer mehr Briefe in kürzerer Zeit, immer mehr Beschwerden von Kundinnen und Kunden.
(Reinhard Houben [FDP]: Weniger Briefe, Frau Kollegin!)
Beim letzten Poststreik erzählten mir Zusteller/-innen, die schon lange dabei sind, dass die Zustellgebiete immer größer und größer wurden, obwohl sie in einigen Häusern in jedes einzelne Stockwerk laufen müssen, weil es dort keine Briefkastenanlagen am Hauseingang gibt. Postzustellung, meine Damen und Herren, ist für uns kein Geschäft, mit dem man möglichst hohe Renditen erzielt. Die Post ist öffentliche Daseinsvorsorge.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Andere Länder stecken Milliarden in ihre Post, Deutschland nicht. Dabei geht es doch um Kommunikation, und zwar gerade um die zwischen dem Staat und seinen Bürgerinnen und Bürgern. Denn in Deutschland, wo wir es mit einer extrem schleppenden Digitalisierung gerade bei den Behörden zu tun haben – dafür ist übrigens die Bundesregierung mitverantwortlich –, sind viele Vorgänge von Rechts wegen immer noch nur auf gedrucktem Papier zu erledigen. Das heißt, viele Menschen sind auf Postzustellungen angewiesen. Bescheide sind oft nur dann wirksam, wenn sie mit der Post in Papierform erhalten werden. Und dann sagt diese Bundesregierung, die die Digitalisierung der Behörden nicht gerade vorantreibt – um es mal vorsichtig zu sagen –, auf eine tägliche Zustellung könne man getrost verzichten. Das passt doch nicht zusammen.
(Beifall bei der LINKEN)
Man kann doch nicht sagen: Auf Bescheide zu Arbeitslosengeld, Wohngeld oder Kitaplatz könnt ihr ruhig mal länger warten.
(Sebastian Roloff [SPD]: Sagt doch keiner!)
Was am Ende dabei rauskommt, kennen wir doch von den Internetversandhändlern. Wer tiefer in die Tasche greift, bekommt seine bestellten Artikel schneller zugesandt. Letztlich ist es eine Zweiklassenlogistik, die sich dann auch in weiten Teilen der Briefzustellung breitmachen wird. Wer es sich leisten kann, dessen Briefe und Pakete sind halt schneller unterwegs. Für den Rest der Gesellschaft dauert es dann halt ein bisschen.
Aus dem Universaldienst der täglichen Zustellung macht die Bundesregierung, wenn es so kommt, ein Premiumprodukt, damit sich die Vorstände und Aktionäre der Deutschen Post die Taschen voller und noch voller machen können. Dabei hat die Post – um es noch mal sehr deutlich zu sagen – in den letzten Jahren Rekordgewinne eingefahren. Und sie fällt mit der unfairen Bezahlung ihrer Beschäftigten besonders negativ auf. Die Vorstände der DAX-30-Konzerne verdienten nach einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung 2017 mehr als das 70-Fache ihrer Beschäftigten. Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Das ist schlimm genug. Aber der ehemalige Postchef Appel hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Sein Gehalt war nämlich 230-mal so hoch wie das seiner Beschäftigten im Durchschnitt.
(Clara Bünger [DIE LINKE]: Unglaublich! Das ist der Skandal!)
Statt also die tagtägliche Briefzustellung zu streichen, könnte man doch einfach dem Postvorstand nur noch montags Gehälter zahlen. Damit würde er immer noch 30-mal so viel bekommen wie der Durchschnitt seiner Beschäftigten. Das würde doch locker reichen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
15 Prozent der Postbeschäftigten haben befristete Verträge, doppelt so viele wie im Bundesdurchschnitt, und das bei einem Unternehmen, das mal ein Staatsunternehmen war und immer noch zum Teil im Besitz der Bundesrepublik Deutschland ist. Und wer mal länger krank ist, bekommt dann keine Verlängerung. Deswegen sagen wir: Die sachgrundlose Befristung muss endlich abgeschafft werden, damit sich Menschen nicht von Vertrag zu Vertrag hangeln müssen und in Unsicherheit leben.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch aufgrund solcher Ungerechtigkeiten ist die Privatisierung der Post ein schwerer Fehler gewesen. Die Post muss ein Unternehmen der Daseinsvorsorge, ein Unternehmen in öffentlicher Hand sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Bundesregierung hätte die Möglichkeit, auf solche Exzesse Einfluss zu nehmen; denn die Bundesrepublik Deutschland ist nach wie vor der größte Einzelaktionär der Post, mit einem Anteil von 21 Prozent. Aber die Ampel sorgt für noch mehr Druck bei den Arbeitsbedingungen der Zustellerinnen und Zusteller, und das kommt aus einem grün geführten Wirtschaftsministerium, meine Damen und Herren.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Pfui!)
Das alles ist keine Wertschätzung für die Postlerinnen und Postler. Das erwarten sie aber zu Recht von der Politik, und das erwarten sie auch von uns als Kundinnen und Kunden der Post.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir unterstützen die Forderungen der Gewerkschaft Verdi. Dumpinglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen müssen bekämpft werden. Das Schindludertreiben mit Tausenden Subunternehmen, um den Kündigungsschutz zu unterlaufen, muss verboten werden. Das sollten Sie ins Postgesetz schreiben, Herr Habeck.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sebastian Roloff [SPD] und Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])