Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt Dinge und Situationen, die politisches Handeln erfordern. Das Thema „Ernährungssicherheit und bezahlbare Lebensmittel für alle“ gehört mit Sicherheit dazu.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich bin gefragt worden: Warum diese Aktuelle Stunde zur Preisexplosion im Supermarkt? Einfach gesprochen: weil jeder Mensch essen und trinken muss, weil jeder Nahrung zum Leben braucht, weil die Preisspirale, über die wir hier heute reden, gestoppt werden muss,
(Beifall bei der LINKEN)
weil die Inflationsrate bei Lebensmitteln nach wie vor bei über 20 Prozent liegt.
(Zuruf des Abg. Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU])
Es müssen endlich Verhältnisse geschaffen werden, damit sich niemand mehr entscheiden muss, ob er oder sie sich in unserem reichen Land Nahrung oder eine warme Wohnung oder Strom leisten kann.
(Beifall bei der LINKEN)
Dass Menschen vor dieser Wahl stehen, wissen wir. Fast 14 Millionen Menschen, darunter 2,8 Millionen Kinder, sind in Deutschland von Armut betroffen. Das ist unwürdig und ein Skandal.
(Beifall bei der LINKEN)
Auch dass Ernährungsarmut in Deutschland seit Jahren belegt ist, aber von dieser und auch von der vorherigen Regierung ignoriert wurde, ist ein Skandal.
(Beifall bei der LINKEN)
Es wird hier oft davon gesprochen, dass der Krieg in Osteuropa die Preistreiberei bei Nahrungsmitteln angefacht hat. Ja, der Krieg ist ein Grund der weiteren Erhöhung, aber beileibe nicht die einzige Ursache; denn die Spirale ging schon im Sommer 2021 nach oben. Dies belegen die Statistiken der Preisentwicklung. Im dritten Quartal 2021 liegt der Beginn der Kurve der massiven Preissteigerungen. Wenn wir die Ursache ergründen wollen, dann reicht es einfach nicht, auf Angebot und Nachfrage zu schauen.
(Maximilian Mordhorst [FDP]: Das muss das Zentralkomitee regeln!)
Viele angebliche Nebenaspekte werden inzwischen zu Hauptaspekten. In einem gesättigten Markt sind Innovationen schwierig. Subventionen beeinflussen die Preisbildung genauso wie Spekulation mit Nahrungsmitteln an den Terminbörsen. Die sogenannten Mitnahmeeffekte werden zum Hauptprofitzweig, und was auf dem Weg vom Erzeuger zum Verbraucher alles so draufgeschlagen wird, ist oft nicht durchschaubar.
Meine Damen und Herren, die Lage ist dramatisch, und man kann nicht tatenlos zuschauen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Inflationsrate bei Nahrungsmitteln lag im März 2023 bei 22,3 Prozent verglichen zum Vorjahresmonat, also zum März 2022, in dem es ja auch schon eine Preissteigerung gab. Der Durchschnitt der Gesamtinflation beträgt 7,4 Prozent. Jetzt bringen Sie das mal ins Verhältnis zu den 22,3 Prozent bei Nahrung, die ich eben erwähnt habe!
Das mag für mittlere und hohe Einkommen noch – und die Betonung liegt auf „noch“ – verkraftbar sein. Für kleinere und kleine Einkommen sind solche Preiserhöhungen existenzgefährdend.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir sehen die Preissprünge: Molkereiprodukte und Eier: eine Steigerung von 35,3 Prozent; Brot und Getreideerzeugnisse: 24,3 Prozent; Gemüse: 20,1 Prozent; Speisefett, Speiseöle und Fischwaren, Meeresfrüchte: 22,8 Prozent. Die Spitze des Eisberges scheint noch gar nicht erreicht zu sein; denn der Anstieg des Verbraucherpreisindex geht auch im laufenden Monat weiter.
Eine Studie von Foodwatch verdeutlicht die Ausmaße, über die wir heute reden. Demnach sind 70 Prozent der Lebensmittel im Supermarkt teurer geworden. Gerade die sogenannten Eigenmarken von Rewe, Aldi, Lidl und Co weisen eine doppelt so hohe Teuerungsrate auf wie die sogenannten Markenprodukte. Wen trifft das? Wieder die Menschen mit geringen Einkommen und wenig Geld, die auf günstigere Waren angewiesen sind. Wo soll das hinführen?
Werte Kolleginnen und Kollegen, diese Daten machen deutlich: Wir, aber insbesondere die Verantwortlichen in der Regierung müssen politischen Sachverstand für die Eindämmung dieser Preistreiberei bei Nahrungsmitteln einschalten und sich dafür einsetzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Politik ist dort gefordert, wo Einzelhandel und Großunternehmen die Krise ausnutzen, um Gewinne zu steigern, wo Tafeln und Essenausgaben in Deutschland bei der Versorgung der Ärmsten unserer Bevölkerung am Limit sind, wo Ernährungsarmut strukturell diejenigen trifft, die von Sozialleistungen und Grundsicherung leben müssen. Wir brauchen ein Maßnahmenpaket zur Eindämmung der Preisexplosion.
Aus linker Sicht muss es Folgendes geben: eine staatliche Preisaufsicht mit Eingriffsbefugnissen,
(Beifall bei der LINKEN)
eine Übergewinnsteuer für Lebensmittelkonzerne, mindestens 200 Euro mehr pro Bezieherin und Bezieher von Bürgergeld,
(Beifall bei der LINKEN – Maximilian Mordhorst [FDP]: Irre!)
kostenfreie Schul- und Kitaverpflegung in ganz Deutschland und die Nullsetzung der Mehrwertsteuer für alle Grundnahrungsmittel.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Und einen einheitlichen Verkaufspreis! – Maximilian Mordhorst [FDP]: Das ist unsozial! Unsozialer geht es kaum!)
Das, meine Damen und Herren, sind nur die unmittelbaren, greifbaren Forderungen. Nötig ist nämlich ein komplexes Umdenken in der Wirtschafts- und Lebensweise.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist Sozialismus! – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Es fehlt nur noch der einheitliche Verkaufspreis!)