Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP fordert in ihrem Antrag Rechtssicherheit im internationalen Investitionsschutz. Worum es eigentlich geht, wird schnell klar: um bessere und exklusive Klagemöglichkeiten für international agierende Konzerne, und das mit allen nur denkbaren Mitteln, auch manchen undenkbaren Mitteln. Deshalb gleich vorweg: Wir Linke lehnen jegliche Paralleljustiz für ausländische Investoren weiterhin ab, und das ohne Wenn und Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN)
Denn bei Investitionsschutzabkommen wie TTIP und CETA und vielen anderen weniger bekannten Abkommen geht es ja nicht in erster Linie um freien Handel oder den Abbau von Zöllen. Es geht darum, dass ausländische Investoren ganze Länder mit Milliardenklagen überziehen können,
(Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Nein, darum geht es nicht!)
und zwar genau dann, wenn sie glauben, dass politische Entscheidungen ihre Gewinne gefährden, selbst dann, wenn diese Entscheidungen von demokratisch gewählten Parlamenten oder Regierungen getroffen werden und dem Schutz von Mensch und Umwelt dienen. Und über diese Klagen entscheiden dann nicht unabhängige Gerichte, wie wir sie kennen, sondern einzig und allein spezielle Schiedstribunale, in der Regel besetzt mit hochdotierten Anwälten. Das alles passiert nicht bloß in irgendwelchen fernen Ländern, sondern schon jetzt auch mitten in Europa.
Ein Beispiel: Der kanadische Bergbaukonzern Gabriel Resources wollte in Rumänien mittels Zyanid Gold fördern. Nach massiven Protesten stellten die rumänischen Behörden fest, dass der Konzern nicht in ausreichendem Maße für die Sicherheit von Mensch und Umwelt garantieren kann – und untersagten den Abbau. Die Folge: Der Konzern verklagte Rumänien auf Grundlage eines Investitionsschutzabkommens auf Schadensersatz in Höhe von 4 Milliarden Euro.
Aufgrund solcher und ähnlicher Beispiele haben in den letzten Jahren Millionen Menschen in Europa gegen neue Investitionsschutzabkommen wie TTIP und CETA protestiert, und das zu Recht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie aber von der FDP – leider auch Sie von der Union und von der SPD – machen weiter, als wäre nichts geschehen. Und dann wundern Sie sich, warum viele Menschen das Vertrauen in die Politik verlieren. Das ist doch absurd, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Deshalb bin ich froh, dass der Europäische Gerichtshof dem jetzt einen ersten, kleinen Riegel vorgeschoben hat. Im sogenannten Achmea-Urteil vom 6. März sagt er klipp und klar: Investitionsschutzabkommen zwischen zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind mit dem europäischen Recht nicht vereinbar. – Ja, der Europäische Gerichtshof deutet sogar an – das sehen wir wie die FDP –, dass er die Autonomie der europäischen Rechtsprechung generell durch Investitionsschiedsgerichte gefährdet sieht. Das Urteil ist insofern auch eine Ohrfeige für die Bundesregierung; denn anders als beispielsweise die EU-Kommission hat sie sich selbst in diesem Verfahren bis zuletzt dafür ausgesprochen, die Schadensersatzklage des niederländischen Achmea-Konzerns gegen die Slowakei zuzulassen.
Das Urteil dürfte jetzt nichtsdestotrotz auch positive Auswirkungen für uns, für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Deutschland, haben; denn der schwedische Vattenfall-Konzern – Sie wissen es – hat Deutschland aufgrund des Atomausstiegs auf Schadensersatz in Höhe von über 4 Milliarden Euro verklagt und beruft sich dabei auf eine Investitionsschutzvereinbarung wie die, über die wir hier reden, und wie Sie, Kolleginnen und Kollegen von der FDP, sie gerne überall hätten und überall abfeiern. Nach dem Achmea-Urteil spricht jetzt aber zum Glück vieles dafür, dass auch die Vattenfall-Klage nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Und das ist gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber ich frage Sie: Wie glaubwürdig ist diese Bundesregierung, die sich einerseits mit allen juristischen Mitteln wehrt, wenn sie, wie bei Vattenfall, selbst mit einer Milliardenklage überzogen wird, die aber gleichzeitig nicht davor zurückschreckt, Sonderklagerechte für Konzerne in anderen Abkommen weiter zu rechtfertigen oder wie bei CETA und TTIP sogar aktiv voranzutreiben? Das ist doch schizophren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN)
Sollten Sie all unserer Kritik keinen Glauben schenken wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann empfehle ich Ihnen dringend, sich die Stellungnahme des Deutschen Richterbunds zur Einrichtung eines multilateralen Investitionsgerichtshofs zu Gemüte zu führen. Er sagt klar: Solchen internationalen Investitionsgerichten fehlt zurzeit jegliche demokratisch legitimierte Rechtsgrundlage.
(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Und die haben wenigstens Ahnung davon!)
Meine Fraktion Die Linke fordert daher, erstens die bestehenden Investitionsschutzabkommen schnellstmöglich aufzukündigen,
(Beifall bei der LINKEN)
zweitens CETA, das Investitionsschutzabkommen mit Kanada, nicht zu ratifizieren
(Beifall bei der LINKEN)
und drittens der EU-Kommission umgehend das Mandat für Verhandlungen über einen multilateralen Investitionsgerichtshof und vergleichbare Konzernschutzabkommen zu entziehen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)