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Niemand soll sich zwischen einem guten Job und der Zukunft seiner Kinder entscheiden müssen

Rede von Bernd Riexinger,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Union will über die Gefahren des Standorts reden. Wir reden dabei über die Menschen, die jeden Tag zur Arbeit gehen müssen und die Wirtschaft und Gesellschaft am Laufen halten.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier ist tatsächlich Gefahr im Verzug. Tatsache ist, dass die Reallöhne der Beschäftigten weiter sinken, im ersten Quartal dieses Jahres um 2,3 Prozent. Trotz guter Tarifabschlüsse konnten die Verluste der letzten Jahre nicht wettgemacht werden.

Während die Gewinne der DAX-Konzerne Rekordhöhen verzeichnen, fragen sich immer mehr Menschen am Monatsende, wie sie die gestiegenen Lebensmittelpreise, die überhöhten Mieten und die hohen Energiekosten bezahlen sollen. Die Preise rennen der Lohnentwicklung davon. Sie sind in hohem Maße getrieben durch die Gewinne der Unternehmen. Selbst die Präsidentin der Europäischen Zentralbank hat das jüngst zugestanden. Die Menschen bezahlen an der Supermarktkasse und mit ihrer Energierechnung die Gewinne von wenigen.

Daran ändert auch der Energiepreisdeckel wenig, zumal er eine soziale Schieflage aufweist. Die Bundesregierung trägt dazu bei, dass gerade die Haushalte mit niedrigem oder mittlerem Einkommen heftig getroffen werden. Das Bürgergeld fällt enttäuschend niedrig aus. Das Gebäudeenergiegesetz, das diese Woche durch das Parlament gepeitscht werden soll, wird zu weiteren Mieterhöhungen führen. Und nun scheint es auch nichts zu werden mit einer ausreichenden Kindergrundsicherung. Beim Elterngeld soll sogar gekürzt werden. Die von der Kommission beschlossene Mindestlohnerhöhung bedeutet Reallohnverlust. Das Gegenteil wäre richtig. Der gesetzliche Mindestlohn muss dringend auf 14 Euro erhöht werden.

(Beifall bei der LINKEN – Maximilian Mordhorst [FDP]: 15! 16! – Reinhard Houben [FDP]: 17!)

Wer über Standortsicherung und Wirtschaft redet, muss über Infrastruktur, bezahlbare Wohnungen, über nachhaltige Mobilität, Gesundheit und Bildung und über Klimagerechtigkeit reden.

(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Zehntausende von Eltern warten vergeblich auf einen Kitaplatz. An den Bürgerämtern werden die Schlangen immer länger, weil das Personal hoffnungslos überlastet ist. Beim Klimaschutz hinken die Investitionen den Erfordernissen weit hinterher, zulasten der jetzigen und künftigen Generationen. Die Lebensqualität von Millionen Menschen würde steigen, würden Sie endlich in diese Bereiche ausreichend und nachhaltig investieren. Das wäre zukunftsgerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Unterschied zum Militär fehlt es bei den wichtigen Zukunftsinvestitionen überall an Geld. Superreiche und Konzerne gerecht zu besteuern, ist für den Finanzminister Teufelszeug. Gerade das wäre aber dringend notwendig, um die Zukunftsinvestitionen zu finanzieren. Die gewaltigen Krisengewinne abzuschöpfen, wäre genauso richtig, wie endlich eine Vermögensteuer für hohe Vermögen einzuführen,

(Beifall bei der LINKEN)

nicht mit Parteitagsreden der Grünen oder der SPD, sondern per Gesetz im Parlament.

(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Ein zentrales und wichtiges Vorhaben der Ampel, der sozial-ökologische Umbau der Wirtschaft, droht zu scheitern. Wir erleben bereits seit Jahren, dass namhafte Automobilzulieferer ihre industrielle Produktion nach Osteuropa oder in die Türkei verlagern, in Länder mit niedrigen Löhnen und schlechteren Arbeitsbedingungen. Die Regierung schaut weitgehend tatenlos zu, wie Tausende von Industriearbeitsplätzen hierzulande vernichtet werden. Die Betriebsräte sind machtlos, weil es keinerlei wirtschaftliche Mitbestimmung gibt. Die großen Automobilkonzerne hingegen scheffeln enorme Gewinne, drohen jedoch den dringend nötigen Umbau zu verschlafen. Tesla produziert mehr Elektroautos als alle deutschen Hersteller zusammen. „Während deutsche Autohersteller große Versprechungen machen, zieht die Konkurrenz aus China ohne viel Brimborium weiter still und heimlich davon“, schreibt „Automobil Produktion“. BYD erobert Platz eins weltweit.

Die Regierung versäumt, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, überlässt den Umbau zulasten der Beschäftigten dem Markt, der es wieder einmal nicht richten wird.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Dass mehrere Hunderttausend industrielle Arbeitsplätze bei der Produktion von Elektrobussen, Kleinbussen, Bahnzubehör, digitaler Infrastruktur, Straßenbahnen geschaffen werden können, wird übersehen. Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die Klima und Arbeitsplätze schützt, damit sich niemand zwischen einem guten Job und der Zukunft seiner Kinder oder Enkel entscheiden muss. Dafür haben Sie leider kein Konzept.

(Beifall bei der LINKEN)