Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir als Fraktion Die Linke haben diese Aktuelle Stunde beantragt, nachdem vor zwei Tagen nicht weit von hier, am Brandenburger Tor, eine der größten Demonstrationen von Postbeschäftigten stattfand, die dieses Land bisher gesehen hat. Über 30 000 Postbeschäftigte aus der ganzen Republik waren nach Berlin gekommen, um ihrem Unmut Luft zu machen. Ich freue mich, heute hier auf der Tribüne einige von ihnen begrüßen zu dürfen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Denn ihre Sorgen und ihre Wut gehören auch genau hierhin, in den Deutschen Bundestag.
Die Postlerinnen und Postler treten ein für ein Postgesetz, das für eine zukunftsfähige Post steht. Sie wehren sich gegen den drohenden Abbau Zehntausender Arbeitsplätze und die damit einhergehende Verschlechterung der Qualität der Postzustellung. Sie fordern gute Arbeitsbedingungen bei der Brief- wie bei der Paketzustellung statt immer mehr Lohndumping. Ich sage Ihnen: Recht haben sie, und sie haben dafür die volle Unterstützung meiner Fraktion, Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber die Beschäftigten haben wie viele andere auch – und deswegen sind sie nach Berlin gekommen – die Geduld und das Vertrauen in diese Bundesregierung verloren. Das kommt nicht von ungefähr, meine Damen und Herren. Denn die Ampelregierung hat es auch hier geschafft, für Verunsicherung zu sorgen, weil sie sich bis heute nicht einig ist, wohin die Reise eigentlich gehen soll. Soll das Desaster der Privatisierung und Deregulierung, wie wir es im Postbereich seit über 25 Jahren erleben, immer weitergetrieben werden? Oder wollen Sie diesen Trend endlich umkehren, für eine zukunftsfähige Post eintreten und die Wildwestmethoden, insbesondere in Teilen der Paketbranche, endlich beheben?
Dabei liegen die Folgen der verfehlten Postpolitik der vergangenen 25 Jahre doch auf der Hand. Der Arbeitsdruck ist massiv gestiegen. Briefträgerinnen und Briefträger haben immer größere Zustellbezirke, Paketboten immer höhere Türme wegzutragen. Nicht umsonst gehen auch die Krankmeldungen hier durch die Decke. Und das an Fremdfirmen ausgelagerte Filialnetz wird löchriger und löchriger, gerade in ländlichen Regionen. Kein Wunder, dass unter diesen Bedingungen auch die Qualität der Zustellung leidet – die Zustellerinnen und Zusteller sind die Letzten, die dafür die Schuld haben – und dass die Zahl der Beschwerden steigt. Ich sage Ihnen: Hier ist endlich kräftiges politisches Umsteuern gefordert!
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Doch seit Monaten warten wir auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein neues Postgesetz und nichts passiert. Stattdessen gibt es immer mal wieder irrlichternde Einlassungen, die auch den Postbeschäftigten große Sorgen machen. Wird es zum Beispiel weiter eine verpflichtende Briefzustellung an sechs Tagen in der Woche geben? Oder wollen Sie, wie der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, vorgeschlagen hat, dass Briefe nur noch an fünf Tagen der Woche zugestellt werden? Allein das würde nicht nur auf einen Schlag mindestens 10 000 tariflich geschützte Arbeitsplätze bei der Post vernichten, sondern auch die Qualität der Briefzustellung weiter verschlechtern. Und dazu darf es nicht kommen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wie sieht es mit den Laufzeitvorgaben für die Briefzustellung aus? Wollen Sie sie beibehalten und dafür sorgen, dass diese endlich auch mit ausreichend Personal eingehalten werden können? Oder geben Sie dieses Versprechen auf, und müssen Briefe künftig in der Regel erst nach drei oder vier Tagen zugestellt werden, genauso wie es sich die Chefetage der Deutschen Post ja auch jüngst erst wieder gewünscht hat, um noch mehr beim Personal einsparen zu können?
Und was tun Sie gegen das grassierende Subunternehmertum bei der Paketzustellung? Hören Sie doch hier endlich auf die Beschäftigten, auf ihre Gewerkschaft Verdi, auf die Bundesländer, die ein Verbot von sogenannten Werkverträgen und Subunternehmerketten nach dem Vorbild der Fleischindustrie fordern. Ein entsprechender Antrag unserer Fraktion liegt Ihnen bekanntlich bereits vor. Sie müssen ihm nur noch zustimmen.
(Beifall bei der LINKEN)
Stattdessen drohen jetzt auch bei der Briefzustellung Verhältnisse, wie man sie bisher nur aus der Paketbranche kennt. Genau das wird passieren, wenn Sie Werkverträge und Subunternehmertum bei der Zustellung nicht untersagen und stattdessen in der Briefbranche auch noch die Lizenzpflicht streichen. Dann wird auch bei der Briefzustellung über kurz oder lang das Heer der unqualifizierten und schlecht vergüteten Subunternehmer zunehmen. Und das dürfen wir nicht zulassen.
(Beifall bei der LINKEN)
Natürlich gibt es hochwertige Postdienstleistungen nicht zum Nulltarif. Gute Tariflöhne und Investitionen in eine zukunftsfähige Post müssen refinanziert werden. Deswegen müssen diese auch weiterhin ohne Abstriche bei der Genehmigung des Briefportos anerkannt werden.
Ich erwarte aber auch, dass der Bund, der über die KfW ja immer noch größter Anteilseigner der Deutschen Post ist, Druck macht, dass ein größerer Teil der jährlichen Gewinne reinvestiert wird, statt Jahr für Jahr Rekorddividenden auszuschütten.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich sage Ihnen: Wenn das den privaten Anteilseignern nicht passt oder der Postvorstand, wie in der Vergangenheit geschehen, wieder damit droht, aus dem flächendeckenden Universaldienst auszusteigen, also diese Leistung nicht mehr zu erbringen, dann muss man eben überlegen, die Postzustellung wieder in öffentlicher Regie zu betreiben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Doch bekanntlich spekuliert Herr Lindner lieber darauf, den verbliebenen Bundesanteil an der Deutschen Post und damit auch den verbliebenen Anteil politischer Einflussnahme zur Refinanzierung der unsinnigen Aktienrente herzuschenken. Sie von der SPD und Sie von den Grünen sollten sich auch dabei gut überlegen, wie Sie sich hier aufstellen. Andernfalls werden Sie das Vertrauen der Postbeschäftigten ganz sicher nicht zurückgewinnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)